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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 4
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Bruck, Robert: Unsere Bauten
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0046

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38

DER BAUMEISTER • 1911, JANUAR.

besonders hervorgehoben durch einen erkerartigen runden Vor-
bau, der sich von den Portalpfeilern aus erhebt und bis zum
Dache durchgeführt ist. Die schönen plastischen Arbeiten dieses
Portalbaues sind von Georg Wrba in Dresden ausgeführt. Im
übrigen zeigt der Bau trotz seiner verschiedenartigen Bestimmun-
gen ein gleichartiges Achsensystem. Für das Erdgeschoss und
die hervorgehobenen Architekturteile, wie das Hauptgesims, ist
roter Rochlitzer Porphyr verwandt, die Flächen sind in grauem
Terranovaputz ausgefuhrt. Das Grau der Flächen bildet mit
dem Rot von Erdgeschoss und Dachpartie als Horizontalen an
der an sich so einfachen, ruhig vornehmen Fassade eine feine
künstlerische Wirkung.
Der würdigen äusseren Erscheinung des Baues entspricht
auch die überaus zweckmässige Gestaltung des Inneren. Durch
die Türen der Portalnische gelangt man in einen Eingangs-
raum, von dem eine Treppe, mit einer matten braunrotenKeramik
(von Villeroy & Boch) in das erste Obergeschoss führt. Hier
ist dem vorhandenen geringen Raume eine durch zwei Geschosse
reichende grosse Halle abgewonnen worden. Von ihr aus sind
im ersten Geschoss die Räume des Studiendirektors, die Kanzlei,
der Dienerraum und ein Hörsaal zugängig. Im zweiten Ober-
geschoss befinden sich ein geräumiges Musterkontor, die Biblio-
thek, das Dozentenzimmer und ein Zimmer der Freien Deutschen
Studentenschaft. Ueber diesen beiden Geschossen ist ein zweiter
geräumiger Vorsaal angelegt, der, wie der unter ihm sich be-
findliche, ebenfalls nach aussen hin zum Ausdruck gebracht ist.
Er dient als Kleiderablage für die beiden an ihn sich an-
schliessenden grössten Hörsäle für 200 und 250 Personen. Diese
Hörsäle ragen zur Hälfte in den Dachraum hinein, der noch
in geschickterWeise für die Dienerwohnung ausgenutzt wurde.
In diesen Hörsälen ist wie im ganzen inneren Gebäude das
Prinzip gewahrt, dass der Charakter der Eisenbetonkonstruktion
unverhüllt gezeigt und damit die gewollte Raumgliederung
kenntlich gemacht wird. Äusser zwei keramischen Brunnen-
anlagen ist im Innern des Gebäudes keine Schmuckform an-
gebracht, künstlerische ernste Wirkung ist mit Putzflächen, ge-
strichenem Holzwerk, Farbentönungen und geschmiedeten Be-
leuchtungskörpern erzielt. Die Kosten des Baues betrugen zirka
338 000 Mark.



♦Arch. Fritz Schumacher, Hamburg.

Villa Heinr. Ed. Osthaus in Hagen. (Tafel 25/26.)

♦Franzius-Denkmal. Weserseite.
Der ganze stimmungsvolle Reiz der Kunst
Schumachers, gleichzeitig eine eigenartige künst-
lerische Leistung in der Lösung einer wichtigen
städtebaulichen Frage, kommt bei der Gestaltung
des Franzius-Denkmals in Bre men in die
Erscheinung. Im Jahre 1905 hatte sich in Bremen
ein Ausschuss zur Errichtung eines Denkmals
für Oberbaudirektor Franzius gebildet, der sich
um Beiträge mit einem Aufruf an die Oeffentlich-
keit wandte. „Handelte es sich doch darum, den
Mann zu ehren, dessen genialem Schaffen es
gelungen ist, den seit Jahrhunderten verwahr-
losten Weserstrom der grossen Seeschiffahrt
wieder zugängig zu machen und dem insbeson-
dere die Stadt Bremen es zu verdanken hat, dass
die Seeschiffahrt, die sich immer mehr ihren
Häfen entfremdet hatte, in ihnen wieder in er-
freulichstem Aufblühen begriffen ist.“
Aus einer engeren Konkurrenz mit Billing und
Jakobs-Lederer wurde Schumachers Entwurf von
der Stadt Bremen zur Ausführung gewählt.
Gegeben war ein kleiner dreieckiger Platz
neben der grossen Weserbrücke. Für den, der
Schumacher und sein Schaffen kennt, war es
von vornherein klar, dass er sich nicht mit der
sonst so oft üblichen Art befreunden konnte, ein
Denkmal in die Platzmitte zu stellen, wie es
ursprünglich in Bremen an diesem Platze beab-
sichtigt war. Schumacher bildete die eine Platz-
wand zu einer Ufermauer-Architektur um und
verband den Platz durch eine prächtige stim-
mungsvolle Treppenanlage mit einem Anlegesteg.
Er hat dadurch in geistvoller Weise erreicht,
dass das Denkmal für den Schöpfer der Weser-
korrektion in unmittelbare Verbindung mit der
Weser kommt, deren Wellen es zur Flutzeit
bespülen. Ueber der Treppe ragt ein nach der
Strassenseite sich öffnendes Halbrund in mäch-
tigen aufgeschichteten Kalksteinen empor, in
deren Rundung eine monumentale Inschrift an-
gebracht ist: „Ludwig Franzius bahnte der Flut
des Meeres den Weg zur Stadt Bremen.“ Diese
Rundung dient nach der Strassenseite als Um-
friedigung einer mehr als doppelt lebensgrossen
Bronzeherme von Bildhauer Roemer modelliert,
die von einem reichen Mosaikboden im Halbrund
 
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