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Baumeister: das Architektur-Magazin — 9.1911

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Heft 7
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Hirsch, Fritz: Das Fürst Stirum-Krankenhaus in Bruchsal: Altes und Neues
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https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0089

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DER BAUMEISTER . 1911 APRIL.

81


erstatteten Gut-
achten des kur-
fürstlichen Hof-
rats Dr. med.
Valentin Hirsch
hervor. Von den
Abtritten sagt er:
„sie hätten bei
der ersten Anlage
geschickter an-
gebracht werden
können, sie stin-
ken ludermässig
durch den gan-
zen Krankensaal.
Ein Brunnen ist
nicht vorhanden.
Das Wasser für
Gesinde, Kranke
undfürdieKüche
muss von dem
weit entlegenen
Röhrbrunnen auf

♦Arch. Dr. Fritz Hirsch, Bruchsal.

mit Stroh gefüllt. Im Krankensaal stand „ein ungeheurer Ofen,
welcher zu erwärmen eine halbe Klafter Holz alle Zeit von
Nöten wäre“, weshalb i. J. 1798 „ein kleinerer Ofen mit einem ■

Fürst Stirum-Krankenhaus, Bruchsal.

dem Markte her-
beigeschleppt
werden. Nicht einmal ein Badestuben steht zur Verfügung,
und dies sei um so nötiger, da viele in das Spital gebrachte
arme elende Kranke über den ganzen Leib mit oft finger-

gezogenen Rohr“ dahin gesetzt
wurde. Da aber das Brennholz
immer teurer wurde, liess man im
Jahre 1799 „zu mehrerer Menagi-
rung“ den grossen Krankensaal in
der Mitte durch einen Bretterver-
schlag abteilen. Äusser dem Kran-
kenzimmer waren nur noch das
Refektorium und das Zimmer des
Priors, nicht aber die Zimmer der
Brüder heizbar. Den Religiösen
wurden zinnerne Nachtgeschirre ge-
währt, hingegen zinnerne Lavoirs
versagt, „indem in Klöstern nirgends
gebräuchlich, dass einem jeden
Geistlichen im Zimmer ein beson-
deres Lavoir gegeben werde, son-
dern pro tota Communitate ein ge-
meiner Waschplatz samt langen


Handtüchern pflege verschafft zu werden“. Wie wenig den
Anforderungen der Hygiene auch sonst Rechnung getragen war,
geht mit erschreckender Deutlichkeit aus einem im Jahre 1803

dickem häufigen Schmutze und Unrath so überzogen seien,
dass man Kohl- und Rübsamen drauf säen könnte. Türken
und Juden machen aus öfterem Waschen des Körpers eine


♦Fürst Stirum-Krankenhaus, Bruchsal. Kapelle.

Religionssache, ich wünschte, dass die Christen
dies auch einführten, manche Prise aus der
Tabaksdose könnte entbehrlich gemacht
werden.“
Kriegsjahre haben vorübergehend das Spital
in ein internationales Militärlazarett verwan-
delt, politische Umwälzungen fegten die barm-
herzigen Brüder und die Erinnerung an
hundertjährige Leiden hinweg, das Haus aber
mit allen seinen Mängeln und mit nur wenig
veränderten hygienischen Einrichtungen diente
bis in unsere Tage dem einstigen Zwecke,
nachdem i. J. 1837 die Vereinigung des männ-
lichen und weiblichen Krankcnspitals unter
Leitung eines Spitalökonomen vollzogen und
im Jahre 1858 (Vertrag vom 19. Dez. 1857)
die Krankenpflege und Hauswirtschaft den
Schwestern des Ordens der barmherzigen
Schwestern in Freiburg übertragen worden
war.
Das historische Gebäude, in seiner reiz-
vollen Silhouette einen Hauptschmuck von
Alt-Bruchsal darstellend, wird in der aller-
nächsten Zeit auf Geheiss des grossherzog-
 
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