DOI Heft:
Heft 10
DOI Artikel:Oettingen, Wolfgang von: Vom spanischen Wohnhause
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.54602#0132
124
DER BAUMEISTER « 1911 JULI.
Arch. Heiur. Walbe, Darmstadt.
Erdgeschoss.
Geschäftsstrassen, die von den himmelhohen,
grauen, einförmigen Häusern gebildet wird:
da stösst also Balkon an Balkon, bald etwas
höher, bald niedriger, in drei, vier Reihen
übereinander, und alle sind belebt mit Men-
schen, besetzt mit blühenden Blumen, ge-
schützt durch bunte Persianen oder durch
Glaswände, oft auch benutzt zum Trocknen
lustig flatternder Wäsche; das Licht aber, das
siegreiche Licht des Südens, fällt ein in diese
Enge wo es kann: was es trifft, das strahlt
blendend, alles übrige wird durch kräftige
Reflexe erleuchtet, wenn es nicht ganz in
silberiger Dämmerung ruht. Die im Sommer
Arch. Heinr. Walbe, Darmstadt. Einzelwobnhaus für einen Land- oder Industriearbeiter, Nidda (Ober-Hessen).
Arch. Georg Metzendorf, Essen.
Arbeiterhaus (Darmstadt, Ausstellung 1908).
• OBERGESCHOSS-
STÄDTISCHES RRBEITERHAUS-FD FIRMA’ DÖRR U REINHARDT WoRMS-
Arch. Georg Metzendorf, Essen.
Arbeiterhaus (Darmstadt, Ausstellung 1908).
wir uns endlich auch noch der für den Süden
charakteristischen Erhaltung der alten wie der
neuen Gebäude, jener Vernachlässigung, die die
Farben mischt und dämpft, alle harten Umrisse
erweicht, Zerstörungen duldet und Ansammlun-
gen zulässt, so haben wir vollends des Bild eines
malerischen Ganzen, das jedes künstlerisch
sehende Auge entzückt. (Schluss folgt!)
stellenweise quer über die Strasse gezogenen
Segel steigern noch durch die überraschen-
den Gegensätze das Schattenspiel, das den
armseligsten Architekturmotiven Bedeutung
verleiht. Vielleicht am besten lässt sich die
Wirkung dieser einfachen Architektur als einer
unbewussten Trägerin des Malerischen an
jenen halb orientalischen Bauten der kleinen
Landstädte beobachten. Dort ist es die Un-
regelmässigkeit der Strassenfluchten, verbun-
den mit der Leuchtkraft der Tünche, die die
koloristischen Effekte hervorbringt; hohe Häu-
ser stehen neben niedrigen, fensterlose Wände
erheben sich neben stark durchbrochenen,
nach persönlichem Wunsch und Bedürfnis sind
Pergolen,Treppen, Altane, Halbgeschosse, Auf-
sätze und andere Anbauten hinzugefügt, und
alle diese Flächen empfangen vom strahlenden
Himmel je nach ihrer Stellung ein verschie-
denes Licht, das sie wiederum gebrochen weiter-
geben! Dazu kommen die Zufälligkeiten des
Terrains, das Aufsteigen und Sinken seines
Niveaus, die Windungen der Gassen, die Durch-
gänge, Bögen und Durchblicke, die dazwischen
eingesprengten Gartenterrassen mit überhän-
genden Bäumen und Büschen, die Plätze, deren
Grundriss nur selten symmetrisch ist. Erinnern
Arch. Arthur Wienkoop, Eberstadt-Darmstadt.
Arbeiterhaus (Darmstadt, Ausstellung 1908).
Verlag: Georg D. W. Callwey in München. Verantwortlich: Hermann Jansen in Berlin W 35. Druck: Kastner & Callwey in München.
DER BAUMEISTER « 1911 JULI.
Arch. Heiur. Walbe, Darmstadt.
Erdgeschoss.
Geschäftsstrassen, die von den himmelhohen,
grauen, einförmigen Häusern gebildet wird:
da stösst also Balkon an Balkon, bald etwas
höher, bald niedriger, in drei, vier Reihen
übereinander, und alle sind belebt mit Men-
schen, besetzt mit blühenden Blumen, ge-
schützt durch bunte Persianen oder durch
Glaswände, oft auch benutzt zum Trocknen
lustig flatternder Wäsche; das Licht aber, das
siegreiche Licht des Südens, fällt ein in diese
Enge wo es kann: was es trifft, das strahlt
blendend, alles übrige wird durch kräftige
Reflexe erleuchtet, wenn es nicht ganz in
silberiger Dämmerung ruht. Die im Sommer
Arch. Heinr. Walbe, Darmstadt. Einzelwobnhaus für einen Land- oder Industriearbeiter, Nidda (Ober-Hessen).
Arch. Georg Metzendorf, Essen.
Arbeiterhaus (Darmstadt, Ausstellung 1908).
• OBERGESCHOSS-
STÄDTISCHES RRBEITERHAUS-FD FIRMA’ DÖRR U REINHARDT WoRMS-
Arch. Georg Metzendorf, Essen.
Arbeiterhaus (Darmstadt, Ausstellung 1908).
wir uns endlich auch noch der für den Süden
charakteristischen Erhaltung der alten wie der
neuen Gebäude, jener Vernachlässigung, die die
Farben mischt und dämpft, alle harten Umrisse
erweicht, Zerstörungen duldet und Ansammlun-
gen zulässt, so haben wir vollends des Bild eines
malerischen Ganzen, das jedes künstlerisch
sehende Auge entzückt. (Schluss folgt!)
stellenweise quer über die Strasse gezogenen
Segel steigern noch durch die überraschen-
den Gegensätze das Schattenspiel, das den
armseligsten Architekturmotiven Bedeutung
verleiht. Vielleicht am besten lässt sich die
Wirkung dieser einfachen Architektur als einer
unbewussten Trägerin des Malerischen an
jenen halb orientalischen Bauten der kleinen
Landstädte beobachten. Dort ist es die Un-
regelmässigkeit der Strassenfluchten, verbun-
den mit der Leuchtkraft der Tünche, die die
koloristischen Effekte hervorbringt; hohe Häu-
ser stehen neben niedrigen, fensterlose Wände
erheben sich neben stark durchbrochenen,
nach persönlichem Wunsch und Bedürfnis sind
Pergolen,Treppen, Altane, Halbgeschosse, Auf-
sätze und andere Anbauten hinzugefügt, und
alle diese Flächen empfangen vom strahlenden
Himmel je nach ihrer Stellung ein verschie-
denes Licht, das sie wiederum gebrochen weiter-
geben! Dazu kommen die Zufälligkeiten des
Terrains, das Aufsteigen und Sinken seines
Niveaus, die Windungen der Gassen, die Durch-
gänge, Bögen und Durchblicke, die dazwischen
eingesprengten Gartenterrassen mit überhän-
genden Bäumen und Büschen, die Plätze, deren
Grundriss nur selten symmetrisch ist. Erinnern
Arch. Arthur Wienkoop, Eberstadt-Darmstadt.
Arbeiterhaus (Darmstadt, Ausstellung 1908).
Verlag: Georg D. W. Callwey in München. Verantwortlich: Hermann Jansen in Berlin W 35. Druck: Kastner & Callwey in München.