Solche kunstbegabte Fälscher, wie Bastianini oder Antoine Vechte, sind
natürlich viel seltener als die Herde der Nachahmer, und ihre Erzeugnisse
können sich auch nach ihrer Entlarvung noch ein gewisses Interesse wahren,
sei es auch nur als Marksteine auf dem Entwicklungsgang des Kunstver-
ständnisses oder der Sammlergeschichte. Wenn sie auch schließlich den Be-
sitzern keine reine Freude mehr machen, so bleiben sie immerhin noch zur
Belehrung nützlich. Eine Zeitschrift, die den Kunstsammlern dienen will, darf
sich daher auch zuweilen mit dergleichen diffizilen Dingen befassen, nament-
lich dann, wenn es sich um Fälschungen handelt, die auf retrospektiven
Kunstausstellungen höheren Ranges figuriert haben und durch deren Kata-
loge oder sonstige Veröffentlichungen in die ernsthafte Kunstliteratur Auf-
nahme gefunden haben. An solcher Stelle in der besten Gesellschaft hervor-
ragender Kunstwerke veröffentlicht, können Fälschungen, deren Glanzzeit
im Kunsthandel schon vorüber ist, noch eine für die Wissenschaft höchst
unerwünschte Nachwirkung als scheinbar einwandfreie und gut beglaubigte
Dokumente ausüben.
Zu dieser Rubrik zählt eine sehr vielseitige und formenreiche Gruppe von
Metallarbeiten, vorwiegend Silbergerät, die mit einem bemerkenswerten Auf-
wand von Erfindung, technischem und künstlerischem Können hergestellt
sind und nach dem um 1900 in London, später in Paris lebenden Verkäufer
L. Marcy benannt werden. Derselbe hat 1907, als die von ihm vertriebenen
Fälschungen im Handel keinen Anklang mehr fanden, in Paris eine Zeit-
schrift „Le Connaisseur“ herausgegeben, die mit viel Witz und noch mehr
Gift den von den anderen verübten Schwindel im Kunsthandel entrüstet an
den Pranger stellte. Als Sitz der Werkstatt ist öfter Paris genannt oder ver-
mutet worden, während der Verkäufer seiner Ware meist spanische Pro-
venienzen aus wenig bekannten Klöstern und Kirchenschätzen beizulegen
pflegte. Jedenfalls haben spanische Kunstwerke öfter als Vorbild gedient;
die in den Architekturformen mehrerer Marcy-Fälschungen wie ein Leitmotiv
immer wiederkehrenden runden Türmchen mit Kegeldach (vgl. Abb. 4, 10,
13, 14) sind auch für manche echte spanische Rauchfässer und andere
Kirchengeräte kennzeichnend. Die als Spezialität der Werkstatt geschaffenen
silbernen Meßpulte sind ebenfalls dem spanischen Kunstgewerbe eigentüm-
lich. Mir sind, abgesehen von den Waffen, auf die ich hier nicht eingehe,
über zwei Dutzend Marcy-Fälschungen zumeist im Original bekannt geworden
und heute noch in Abbildungen zugänglich. Das erste Auftreten der Gattung
erfolgte gegen 1888; berühmte Sammlungen, wie Spitzer in Paris, A. v. Oppen-
heim in Köln, Hainauer in Berlin, Pannwitz in München, P. Morgan in New
York erhielten ihren Anteil; den Löwenanteil jedoch erwarb Sir Charles
Robinson in London. Sein Besitz an solchen Silberarbeiten war in eine Leih-
ausstellung des Burlington Fine Arts Club und in den 1901 erschienenen
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