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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 1.1922

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Kieslinger, Franz: Die Glasmalereien des österreichischen Herzoghofes aus dem Ende des 14. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.52117#0225

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DIE GLASMALEREIEN DES
ÖSTERREICHISCHEN HERZOG-
HOFES AUS DEM ENDE DES
14. JAHRHUNDERTS
FRANZ KIESLINGER
In dem auch heute noch reichen Denkmälerbestand der mittelalterlichen Glas-
malereien Österreichs nehmen die Arbeiten des 14. Jahrhunderts verhält-
nismäßig den breitesten Raum ein. Trotzdem die erhaltenen Bestände gewiß
nur einen winzigen Teil des einstigen Reichtums bilden, treten jetzt klare
Gruppen zutage, deren Zusammenhänge sich oft übergreifen. Die erste Gene-
ration des Jahrhunderts hatte einen unerhörten Aufschwung gebracht. An
Stelle der vielfältigen und keineswegs in ihren Ausgangspunkten ganz klaren
Zusammenhänge am Ende des 13. Jahrhunderts tritt im Umkreis von Wien
in Klosterneuburg eine überragende Werkstatt in Erscheinung, deren Schöp-
fungen bereits dem Besten der hochgotischen Glasmalerei in Deutschland
überhaupt angehören. Der Vergleich mit allen, auch den westlich deutschen
Glasmalereien fällt keineswegs zuungunsten der österreichischen Werke aus.
Nur in einem Punkt stehen sie zurück, in der vergleichsweise mangelnden
Größe der Ausdehnung. Ich habe an einem anderen Ort darzustellen ver-
sucht, wie sich hier die Einflüsse des westlichen Stilwandels mit dem Nach-
wirken der Emailtafeln des Niklas von Verdun zu einem neuen großen Werke
einten.
Die Höhe des Erreichten ist staunenswert, wenn wir die eine Generation
älteren Scheiben aus der Ruprechtskirche in Wien und der Brunnenkapelle
in Heiligenkreuz vergleichen.
Die allgemeine Ausgangssituation in Wien war günstig. Sofort, nachdem die
Habsburger in Österreich sich dauernd befestigt hatten, wurde Wien der
Mittelpunkt der neuen Ländergruppe, deren Bedeutung mit der Größe der im
Laufe des Jahrhunderts neu anfallenden Teile Steiermark, Kärnten, Tirol,
Triest immer mehr stieg. Andere kunstgewerbliche Arbeiten hohen Ranges
blühten unter dem steigenden Prunkbedürfnis des Hofes auf. Die von Falke
nachgewiesene Goldschmiede- und Emailwerkstatt, prachtvolle Stickereien,
wovon noch heute das Antependium in Salzburg und in Königsfelden zeugen,
Tafelmalereien, die beiden Temperaaltäre von Klosterneuburg usw.
Neben diesem zentralen Hauptschauplatz, an dem nun auch literarisch be-
deutende Persönlichkeiten tätig sind, wie Konrad von Megenberg, der Ver-

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