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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 1.1922

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Braun, Edmund Wilhelm: Eine Sammlung italienischer Skulpturen in Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.52117#0069

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EINE SAMMLUNG
ITALIENISCHER SKULPTUREN
IN WIEN
E. W. BRÄUN

Äm 8. April dieses Jahres wird das Wiener Dorotheum eine kleine, aber
um so inhaltsreichere Sammlung versteigern, die zum größten Teile
Werke der Renaissancekunst enthält. Unter letzteren überwiegen
wiederum die italienischen. Die Seltenheit dieser Objekte und ihre Qualität
rechtfertigen wohl eine eingehendere Würdigung in dieser Zeitschrift.
Jedes einzelne dieser Kunstwerke ist in seiner Art interessant und gäbe Ge-
legenheit zu allerlei kunstgeschichtlichen Betrachtungen. Doch wollen wir dem
in Vorbereitung befindlichen Katalog nicht zu sehr vorgreifen, sondern uns
auf eine kurze Würdigung einzelner Stücke beschränken, die teilweise auch
im Bilde hier angeführt werden.
An die Spitze stellen wir eines jener Alabasterreliefs mit Passionsdarstel-
lungen, die man englischen Bildhauerwerkstätten zu Nottingham zuschreibt.
Unser Exemplar zeigt in hochrechteckigem Format eine Kreuzabnahme
(Abb. Tafel XXII, 45 X 31 cm) in kräftigem unterschnittenem Hochrelief; Spuren
ehemaliger Teilbemalung, wie wir sic oft an anderen dieser Skulpturen be-
merken, sind nicht vorhanden. Sicherlich haben dieselben etwas Handwerks-
mäßiges an sich, was durch die fortwährende Wiederholung derselben Vorlagen
erklärt wird, aber anderseits entschädigt den Beschauer dafür die starke
dekorative Wirkung und die gute Komposition. Wir haben uns das vorliegende
Relief als Teil einer Serie von Passionsdarstellungen zu denken, die in Um-
rahmungen zu Altären angeordnet waren. Im deutschen Kulturgebicte findet
man sie seltener, in Frankreich dagegen treten sie häufiger auf und sie
scheinen dorthin in größerer Anzahl exportiert worden zu sein. Unser Relief
ist wohl in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts zu setzen. Analogien zu
anderen erhaltenen Werken dieser Zeit finden sich zahlreiche, so bei dem
großen runden Scheibennimbus Christi und den steifen, schiefwinkelig nach
unten gebrochenen Falten.
Von großer Seltenheit sind drei Sandsteinrelieffiguren der drei Jünger Christi
von einer Ölberggruppe, die aus dem Tympanon einer Kirche zu Padua
stammen und bereits unter dem Einfluß Mantegnas stehen. Eine herbe, ein-
dringliche Schönheit spricht aus den Figuren (Abb. Tafel XXIII, 160 X 92 cm).
Eine prächtige, bunt gefaßte Terrakottastatue der ruhig und gelassen ste-
henden Madonna mit dem nackten Christusknaben auf dem linken Arm wird

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