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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 1.1922

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Schmitz, Hermann: Die Bildteppichmanufaktur von Beauvais
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https://doi.org/10.11588/diglit.52117#0150

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DIE
BILDTEPPIC HMANUFAKTUR
VON BEAUVAIS
HERMANN SCHMITZ

Wiederholt ist in den letzten Jahren die Aufmerksamkeit der Kunst-
freunde in Deutschland auf die Erzeugnisse der Manufaktur von
Beauvais gelenkt worden. Mit der Eröffnung des Münchner Residenz-
museums sind zwei hervorragende Folgen der Regenceepoche, der Hof des
Großmoguls oder die „Tenture Chinoise“ sowie die „Jagdteppiche“ nach Oudry
von 1727 bekannt geworden; noch größere Bewunderung erregten in weiteren
Kreisen die mit dem Berliner Schloßmuseum der Öffentlichkeit zugänglich
gemachten Teppiche des späteren Rokoko, die Stücke aus den „Liebschaften
der Götter“ und der „Geschichte der Psyche“ nach Boucher. Dazu traten
einige Beauvais-Erzeugnisse aus dem Handel und Privatbesitz — wo sie im
allgemeinen zu den größten Seltenheiten gehören —, um das Interesse noch
zu erhöhen. Unter Bezug auf diese seit den letzten Jahren ans Licht ge-
kommenen Arbeiten soll in den nachfolgenden Zeilen ein Beitrag zur Kenntnis
der Manufaktur von Beauvais geliefert werden, der bei der gegenwärtig so
lebhaften Teilnahme der internationalen Kunstkreise an der Bildteppichkunst
überhaupt willkommen sein wird. Zugleich mit dem Hinweis auf die Reihe
dieser neu hervorgetretenen Arbeiten sei eine im Jahre 1909 erschienene vor-
treffliche Darstellung über die Geschichte, die Einrichtung und die Erzeug-
nisse der Manufaktur von Beauvais der Beachtung aller Bildteppichsammler
und Textilfreunde empfohlen. Sie führt den Titel „La Manufacture de Tapis-
series de Beauvais. Depuis ses origines jusqu’ä nos jours“, Paris, Socidtd
de Propagation de Livres d’Art, 1909, und hat zum Verfasser den langjährigen
Verwalter der Manufaktur Jules Badin. Der Altmeister der Tapisserieforschung
Jules Guiffrey hat ein Vorwort dazu geliefert. Es wird zum erstenmal ein
reiches Urkundenmaterial in Beziehung zu dem erhaltenen Bestand von
Beauvais-Teppichen gesetzt. Das Werk bildet somit ein Gegenstück zu dem
grundlegenden Corpus der Pariser Gobelins, das von Maurice Fdnaille in vier
Bänden von 1903 bis 1912 herausgegeben wurde. Allerdings läßt sich für die
Tätigkeit von Beauvais kein so lückenloses Inventar auf stellen wie für die
Pariser Gobelinmanufaktur, deren Erzeugnisse, nur im Auftrag des Hofes
gefertigt, nahezu sämtlich in den Rechnungen der Krone aufgeführt werden.
Insbesondere birgt die frühere Epoche der Beauvais-Manufaktur, das letzte
Drittel des 17. und teilweise auch das erste Drittel des 18. Jahrhunderts,
noch manche Dunkelheiten. In der späteren Zeit stand Beauvais durch Oudry

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