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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 1.1922

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Pazaurek, Gustav Edmund: Die Transparentmalerei auf Biedermeiergläsern von Mohn und Genossen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52117#0277

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DIE TRANSPARENTMALEREI
AUF BIEDERMEIERGLÄSERN
VON MOHN UND GENOSSEN
GUSTAV E. PAZAUREK
Offenbar war dieses Glas, das einzige, das an der Transparenttechnik nicht
konsequent festhält, eine persönliche Bestellung, wie sie schon der alte Mohn
nach seinen Ankündigungen gern zur Ausführung übernommen hatte. —
Ungleich reizvoller aber sind die zarten figuralen Malereien auf den Mohn-
Gläsern, und zwar nicht nur süßlich-sinnige Vorwürfe, wie schnäbelnde
Taubenpaare1, sondern auch größere figurale Szenen, wie die mit „G. Mohn
f. Wien 1815“ signierte Hirschjagd (wieder mit einer Fliege) auf dem Zylinder-
glas des Fugger-Museums in Augsburg (Nr. 837) oder die Gitarre spielende
Dame auf einer Bank unter einem Baume, nebst „L“ mit Lorbeerzweig auf
dem mit „G. M. i. W. 1815“ bezeichneten Glase des Germanischen National-
museums von Nürnberg (H. G., 463) oder das junge Mädchen vor einem
Opferaltar („Für das Wohlergehen“, Signatur „G. M. 1816“) in der Wiener
Dorotheum-Auktion vom 16. Dezember 1912 (Abbildung im Katalog)2. Viel-
leicht ist schon das obengenannte frühe Eurydike-Glas auf den Tod der
Königin Luise von Gottlob, nicht Samuel Mohn gemalt worden. Nicht be-
zeichnet, aber wohl das zarteste Glas dieser Serie ist der Walzenbecher bei
Direktor V. Schick in Prag (Abb. 26), auf dem in einem kreisförmigen Rahmen-
ausschnitt in einer Landschaft eine liebliche Frauengestalt („La Reconnais-
sance“) mit einem Fruchtkorb auf einen Flammenaltar zuschreitet; die feine
Rosenborte könnte ebensogut noch in Leipzig entstanden sein; die Gold-
ornamente auf dem silbergelben Rahmen sind aber schon ganz wienerisch.
— Auch das letzte uns bekannte Trinkglas Gottlob Mohns, nämlich der große
Walzenhumpen3 auf Silberfuß aus dem Besitze des Dr. Joh. Grafen von Meran,
das nach längerer Pause offenbar im Anschluß an die Tafelglasmalereien
für Erzherzog Johann im Schlosse Brandhof entstanden ist, weist neben
abwechselnd gotisierenden und antikisierenden Ornamentfriesen figuralen
1 Man vergleiche das Zylinderglas der Wiener L.-Schidlof-Auktion vom 19. September 1921, Nr. 585 (Kl. Ab-
bildung im Katalog) mit dem Taubenpaar auf einem Baumast und dem französischen Sinngedicht, mit der
Signatur „G. Mohn f. 1812“ einerseits, mit dem fast ganz übereinstimmenden signierten Kothgasser-Glas der
Sammlung J. Mühsam, Berlin, anderseits, das R. Schmidt a. a. O. unter Nr. 348 im Text abbildet, oder dem
übereinstimmenden Kothgasser-Glas der Auktion E. Herzfelder, I, Nr. 430, um auch an diesen Beispielen die
Abhängigkeit zu erkennen, die der ältere Wiener Maler gegenüber dem zugereisten Sachsen nicht verleugnen
kann.
2 In der II. Herzfelder-Auktion bei L. Schidlof (Wien, November 1921) erscheint dieses Glas als Nr. 563 noch
einmal, und zwar ebenfalls abgebildet, aber die Signatur wird unrichtig als „S. Mohn 1816“ gelesen, während
der Vater um diese Zeit bereits tot war.
3 Gute Abbildung in E. Leisching, „Wiener Congress“, S. 183.

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