Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 1.1922

DOI article:
Pazaurek, Gustav Edmund: Die Transparentmalerei auf Biedermeiergläsern von Mohn und Genossen, [3]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52117#0278

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Schmuck auf, und zwar zwei Medaillons mit ländlichen Szenen. Die Ent-
würfe sind nicht von ihm, und ehrlich setzt der Glasmaler darunter: „Gauer-
mann del. Mohn fec. Wien 1820.“ Fünf Jahre später war Gottlob Samuel Mohn,
der in dieser Zeit die Bemalung von Trinkgläsern bereits seinem Genossen
A. Kothgasser überlassen hatte, tot, aber die von ihm ausgestreute Saat ist
nicht mit ihm abgestorben, sondern hat gerade in Wien noch recht reichliche
Früchte gezeitigt. — Auch in Dresden müssen noch Kräfte in ähnlicher
Richtung recht lange fortgewirkt haben, obwohl manches, wie der gekugelte
Zylinderbecher der Sammlung Gustav Schmidt in Reichenberg i. B., der in
einem Medaillon das Brustbild des Königs Friedrich August des Gerechten
von Sachsen im roten Rock mit dem grünen Großkreuzband der Rautenkrone,
zu seinem 50. Regierungsjubiläum vom 16. September 1818, aufweist, dem be-
nachbarten Nordböhmen entstammen kann. — Ein geschweifter Becher mit
dem alten Dresdner Hoftheater in einem kreisrunden Medaillon — Sammlung
Oberdirektor A. RuZiöka, Prag — trägt noch die Jahreszahl 1841.
Auch anderwärts in deutschen Landen sind teils gleichzeitig mit der Tätig-
keit der beiden Mohn, teils etwas später, mehr oder weniger unabhängig
von ihnen, transparente Malereien auf Trinkgläsern gemacht worden, die je-
doch meist gegenüber den Mohn-Gläsern beträchtlich zurückstehen, mit der
einzigen Ausnahme des Wieners Anton Kothgasser, der die Mohn-Anregungen
künstlerisch beträchtlich zu steigern wußte. Fast alle anderen stehen weit
hinter den beiden Mohn, die auch keine Himmelsstürmer waren, aber doch
sehr liebenswürdige, bescheidene Talente, die mit Fleiß und natürlicher An-
mut in ihren Arbeiten den Zeitcharakter von seiner reizvollsten Seite wieder-
zugeben bemüht waren, zurück. Dies gilt gleich von jenen zwei Persönlich-
keiten, die, ohne nachweislich zu den Schülern der Mohn-Werkstatt zu
zählen, doch in der Farbenbehandlung und Stimmung, allerdings nicht in
der Stoffwahl, den beiden Mohn verhältnismäßig am nächsten stehen, nämlich
von Franz Anton Siebei und seiner Tochter Klara Siebei. Vielleicht ist
ihr Vater, der Silhouetteur und spätere Porzellan- und Glasmaler Franz
Anton Siebei, geboren 1777 in Frickenhausen bei Würzburg, verehelicht
1815 in Lichtenfels und daselbst am 28. Jänner 1842 gestorben1, interessanter;
er war zunächst Zeichenlehrer, betrieb dann in Wien die Silhouettenkunst,
lernte das Malen und Goldauftragen auf Glas in der Silbermanschen Porzel-
lanfabrik in Lichtenfels, wo er dann weitere Kräfte darin ausbildete2. Aber
das Silhouettieren muß schon eine Generation vorher in der Familie, und
zwar recht gut, gepflegt worden sein, denn von den beiden bezeichneten,
kulturgeschichtlich wegen der liebevollen Detailbehandlung sehr bemerkens-
1 Durch diese liebenswürdige Feststellung aus den Kirchenbüchern, die ich dem Kaplan J. V. Krapp in Lichten-
fels verdanke, werden die ungenauen Angaben der bisherigen Literatur — z. B. Ernst Lemberger, Meister-
miniaturen — richtiggestellt.
2 Joachim Heinrich Jack, „Leben und Werke der Künstler Bambergs“ II, 1825, S. 103.

178
 
Annotationen