Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 1.1922

DOI Artikel:
Pazaurek, Gustav Edmund: Die Transparentmalerei auf Biedermeiergläsern von Mohn und Genossen, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.52117#0162

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
um so besser war das Geschäft mit den Wassergläsern mit der Ansicht von
Dresden, so daß noch nach Samuels Tode sein Sohn solche Stücke ganz in
der alten, gut eingeführten Art, teils von seiner Hand (von 1816 bei Kommerzien-
rat J. Mühsam in Berlin1), teils von C. v. Scheidt ausgeführt (auch von 1816,
Darmstadt, Museum), auf den Markt brachte. — Die Blumengewinde, die
bei den meisten Gläsern unterhalb des Mundrandes angebracht sind, stehen
mit den Stadtbildern nur in losem Zusammenhang2; neben dem häufigsten
Eichenlaubkranz, der nur selten durch Lorbeeren ergänzt wird, findet man
die koloristisch dankbaren Rosen und Stiefmütterchen (Pensees), gegen die das
gleichbedeutende deutsche Vergißmeinnicht schon der trübschmutzigen Farbe
wegen nicht aufkommen kann, daher nur selten herangezogen wird, wogegen
die Immortellen als die Verkörperung unwandelbaren Gedenkens schon wegen
der gelblichen Färbung öfter wiederkehren; Weinlaub, Olivenzweige, Vogel-
beeren und andere Blumen kommen auch vor. Blumenakrosticha, die
beim Empireporzellan eine nicht unbedeutende Rolle spielen, waren dem
Samuel Mohn auch geläufig, allerdings nicht für Panoramengläser ohne be-
sondere Bestellung. Bei einem Luisen-Glas der Sammlung Pazaurek (Abb. 12)
hat die aus den Wolken herausstrahlende Sonne den Namen der Königin
zum Mittelpunkt, der aus den Anfangsbuchstaben der betreffenden Blumen
zusammenzusetzen ist; aber erst Mohns Nachfolger scheinen diese empfind-
same, aus Frankreich stammende3 Spielerei, die der Biedermeierstimmung4
so sehr entgegenkam, weiter ausgebildet zu haben. Mohn-Gläser, deren
Schmuck lediglich aus Blumen besteht, sind selten; es sei hier beispielsweise
nur auf die beiden Empirewalzenbecher in Koburg (Schloß Ehrenburg) hin-
gewiesen, die in matten Rundmedaillons transparente Blumensträuße zeigen
und „S. Mohn f. 1812“ bezeichnet sind; ein einfacherer Blumenbecher steht
in der Schloßküche von Tiefurt, ein Kelch mit einem Rosenkranz im Berliner
Märkischen Provinzialmuseum.
Häufig dagegen sind Mohn-Becher mit dem Plan der Völkerschlacht bei
Leipzig (Abb. 13), die auch in verschiedenen Variationen und Ausführungen5
1 Abbildung bei Rob. Schmidt, „Gläser der Sammlung Mühsam“, Nr. 343, auf Tafel 36, und desselben Verfassers
Berliner Handbuch „Das Glas“, S. 213, Abb. 115.
3 Vielleicht kann man bei der Weinlaubbordüre, die z. B. bei den Panoramagläsern von „Meisen“ — z. B. im
Berliner Schloßmuseum oder bei der Wiener Auktion Herzfelder I, Nr. 794 — wiederkehrt, an den außerhalb
Sachsens ja weniger berühmten Weinbau von Meißen denken.
3 Vgl. die Blumenschrift von Delachdnaye im „Journal des Luxus“ 1811. — Die Entzifferung ist nicht immer
leicht, nicht nur weil viele Blumen recht verschiedene Namen haben, sondern auch weil man nicht gleich
wissen kann, ob man das Wort — meist handelt es sich um einen Vornamen — deutsch oder französisch
aufzulösen hat.
4 Auch auf anderen kunstgewerblichen Gebieten ist das Blumenakrostichon nicht unbekannt. Es sei hier nur
auf die Fahne des Marbacher Liederkranzes hingewiesen, die die bekannte Jugendschriftstellerin Ottilie Wilder-
muth gestickt und gestiftet hat. Das „Marbach“-Anagramm besteht aus den Blumen: Maiblume, Aurikel,
Rose, Brennessel, Aster, Cactus und Hyacinthe.
5 Das Exemplar der Sammlung J. Mühsam-Berlin (Abb. bei Rob. Schmidt a. a. O., Tafel 36, Nr. 341) hat einen
Stiefmütterchenrand, jenes beim Farbeneinbrennen verunglückte, deformierte des Historischen Museums im

106
 
Annotationen