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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 1.1922

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Braun, Edmund Wilhelm: [Rezension von: O. Riesebieter, Die deutschen Fayencen des 17. und 18. Jahrhunderts]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52117#0221

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neuerlichen Durcharbeitung des gesamten Materials wird dem Verfasser sicherlich manche
allzu kühne Zuschreibung bedenklich erscheinen und verschwinden. Es ist für unsere
Wissenschaft gewiß besser, „Indizienbeweise“ möglichst beiseite zu lassen und lieber ein
Stück so lange als von unsicherer Herkunft zu bezeichnen, bis sich die Möglichkeit einer
genaueren Lokalisierung ergibt
Auf S. 31 bildet Riesebieter eine Vase des Hallenser Kunstgewerbemuseums ab, welche die
schwarze Konturierung, den sogenannten „Trek“ der Delfter Fayencen, aufweist und als
Beweisstück dafür angeführt wird, daß dieser Malergebrauch auch in der Frankfurter
Manufaktur bekannt und ab und zu in Gebrauch war. Bei näherer Betrachtung dieser
Vase und ihrer Signatur ergibt es sich jedoch mit absoluter Sicherheit, daß dieselbe mit
Frankfurt gar nichts zu tun hat, sondern ein typisches Delfter Stück ist.
Die „Muffelfarbenmalerei ist anscheinend in Ansbach nie angewendet worden“, steht auf
S. 64. Eine schwerwiegende Entgleisung, wenn man bedenkt, daß Riesebieter eine Seite
vorher die Gruppe der sogenannten„ grünen Familie“ mit ihrem prachtvollen, dekorativen,
bunten Emaildekor, der doch im Muffelofen entstand, geschildert hat1.
Ein paar Hypothesen, die ich vor Jahren ausgesprochen und die auch allgemein ange-
nommen wurden, lehnt der Verfasser ohne berechtigte Begründung ab. Ich spreche nicht
pro domo, wenn ich nochmals auf diese Fragen eingehe, sondern ich hoffe sie endgültig
zu klären. Da ist zunächst der prächtige Krug des Berliner Kunstgewerbemuseums, den
seinerzeit ich (nicht Stoehr, wie Riesebieter, S. 99, Änm. 1, angibt) auf Grund der Bezeich-
nung ~ (Leinfelder, Öttingen) für die Ottinger Fabrik festgelegt hatte, und zwar, wie ich
heute noch glaube, vollkommen richtig und zwanglos in den Kontext sich einfügend.
Stoehr hat diese Annahme übernommen und sein Zeugnis als das des besten Kenners der
fränkischen und schwäbischen Fayencen ist sicherlich schwerwiegend. Daß aber Riese-
bieter mit der Behauptung „sieht nicht nach Öttingen aus“ vollkommen danebengreift,
beweist ein Vergleich dieses Berliner Kruges mit dem auf S. 100 bei Riesebieter abge-
bildeten signierten Stück aus der Ottinger Manufaktur, das im selben Stil und in denselben
klaren Scharffeuerfarben diese charakteristische schwere barocke Kartusche mit Laub- und
Bandelwerk, Blütenranken und Früchtengehängen zeigt.
In derselben Berliner Sammlung steht eine Kaffeekanne mit reichem Barockdekor im
Rouen-Genre, die in lebhaften Scharffeuerfarben bemalt ist und die Marke „Kf“, dar-
unter, unter einem Strich, die Malersignatur „Ho“ trägt. Ich habe das schöne Stück im
„Cicerone“ VII, S. 10, abgebildet und es für eine Künersberger Arbeit diagnostiziert. Riese-
bieter lehnt diese Bestimmung ab und hält die Malerei „nicht für deutsch“. Nun ist ge-
rade die Frage über die Verarbeitung der, hauptsächlich durch Straßburger Fayencen
vermittelten, Rouen-Ornamente eine der interessantesten, aber auch schwierigsten in der
Entwicklungsgeschichte der deutschen Fayencen, aber immerhin ist doch schon so viel
Material zusammengetragen worden, um die Malerei der Berliner Kanne nicht als singulär
zu empfinden. Es gibt z. B. einen Deckelpokal in Blaumalerei und eine, der Berliner Kaffee-
kanne ähnliche, beide aus Koburger Fayence, letztere noch dazu in der Sammlung Riese-
bieter (abgebildet bei Riesebieter, S. 378 und 379), welche ähnlichen Barockdekor tragen;
besonders das zweitgenannte Stück bei Riesebieter, gleichfalls in bunten Scharffeuerfarben
dekoriert, zeigt denselben Akanthusblattfries und ähnliche Gitterfelder. Der Maler der Ko-
burger Fayencen ist ein Meister J. H. respektive I. H. in Ligatur.
1 Bei der Korrektur bemerkte ich, das Riesebieter diesen Fehler in einem Druckfehlerverzeichnis am Ende des
Buches richtiggestellt hat. B.

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