ROM / FREILEGUNG DES AUGUSTUSFORUMS
erhaltener Inkrustation aus weißem und ver-
schiedenfarbigem Marmor; Flachpilaster
mit korinthischen Kapitellen, einem profilierten
Sockel und buntem Plattenbelag der Wände,
einem Palmettenband unter den Wandnischen;
die Schmuckformen gut hadrianisch, sichtlich
bemüht, das augusteische Ornament des Ultor-
tempels zu kopieren. An die Rückwand des
Saales, also die äußere Umfassungsmauer des
Forums, lehnt sich die aufgemauerte Basis
einer Kolossalstatue, deren Maße sich nach
Befestigungsspuren in der Rückwand erschließen
lassen. Sie war nicht weniger als 12 Meter hoch.
Die Spuren ihrer Fußsohlen (1. Spielbein) und
die einer Stütze sind klar in den Travertin-
blöcken zu erkennen, die in die Brecciabasis
eingelassen sind. Von ihr selbst ist leider nichts
weiter erhalten als Zeigefinger und Daumen-
ansatz sowie der Rücken der rechten Hand aus
weißem Marmor. Zwischen den Fingern die
Rundspur eines Szepters oder einer Lanze. Die
Hand war zur Verminderung des Gewichtes
hohl gearbeitet, wohl über geringwertigerem
Material. Zur näheren Bestimmung von Zeit
und Darstellung dieses enormen Werkes reichen
die kärglichen Reste nicht aus. Sicher ist der
Koloß später anzusetzen als die im Vergleich
zu seinen Maßen viel zu enge Halle, deren
Decke seiner Aufstellung noch dazu zum Opfer
fallen mußte, da er die Höhe der Inkrustations-
architektur um beinahe das Doppelte übertrifft. —
Das prächtige Rhodiserpriorat am Forum
Augusti, begonnen noch im 13. Jahrhundert,
im Quattrocento endgültig ausgestaltet, bleibt
zu musealen Zwecken erhalten. Es erhebt sich
über dem merkwürdigen noch augusteischen
Bauwerk unbekannter Bestimmung an der
Außenseite der nördlichen Exedra, von dem eine
Pfeilerbogenstellung erhalten geblieben ist, von
der klaren Form des untersten Stockwerkes eines
arkadenumschlossenen Cortile der Renaissance.
Gelegentlich der Entdeckung eines gleichartigen,
aber erst aus späterer Kaiserzeit stammenden
Gebäudes in Ostia (Horrea Epagathiana) wurde
schon einmal auf die zweifellos vorhandene Fili-
ation dieser Bauform auf italischem Boden hin-
gewiesen.
Um noch kurz auf die ebenfalls am 21. April,
dem mythischen Geburtstag der Stadt, inaugu-
rierten Grabungen am Trajansforum hinzu-
weisen, so ist zu berichten, daß man im Augen-
blick noch an der Entfernung der Gartenerde
im Bogen der östlichen Halbkreisnische arbeitet.
Das System ihrer zweigeschoßigen Nischen-Fen-
sterarchitektur ist schon seit langem bekannt.
Neu fand sich das Pflaster davor aus bunten
Marmorplatten. An Einzelfunden ist bisher ein
kolossaler Nervakopf und der hervorragend gut
gearbeitete Torso einer Panzerstatue, beides
in weißem Marmor, zu nennen.
Rom, Oktober 1926
Reinhard Herbig
KUNSTAUKTIONEN
KUPFERSTICHAUKTION BEI C. G. BOERNER IN
LEIPZIG
2. bis 6. Mai — Die Mai-Versteigerung in Leip-
zig war, wie schon seit einer Reihe von Jahren
das bedeutendste Ereignis der Saison auf dem Ge-
biet alter Graphik. Es ist eigentlich erstaunlich,
wie es immer noch gelingt, interessantes, zum
großen Teil bedeutendes, ja unikales Material
darzubieten. Es entstammte diesmal mehreren
Quellen. Die sehr ausgewählte Sammlung des
schon 1899 gestorbenen Dresdner Kunstfreundes
Franz von Hagens enthielt ein überaus kost-
bares Dürerwerk und eine zwar nicht umfang-
reiche, aber um so großartigere Kollektion von
Rembrandtblättern. Der Inhalt eines zweiten Ka-
talogbandes bildete die von Hans Börner entdeckte
Sammlung aus altadeligem Besitz, die seit etwa
1800 unberührt auf einem schlesischen Schlosse
lag und daher eine große Anzahl ganz selten
gewordener Blätter der frühen deutschen und
niederländischen Meister, darunter den unikalen
Holzschnitt von Cranach Christus auf dem Öl-
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erhaltener Inkrustation aus weißem und ver-
schiedenfarbigem Marmor; Flachpilaster
mit korinthischen Kapitellen, einem profilierten
Sockel und buntem Plattenbelag der Wände,
einem Palmettenband unter den Wandnischen;
die Schmuckformen gut hadrianisch, sichtlich
bemüht, das augusteische Ornament des Ultor-
tempels zu kopieren. An die Rückwand des
Saales, also die äußere Umfassungsmauer des
Forums, lehnt sich die aufgemauerte Basis
einer Kolossalstatue, deren Maße sich nach
Befestigungsspuren in der Rückwand erschließen
lassen. Sie war nicht weniger als 12 Meter hoch.
Die Spuren ihrer Fußsohlen (1. Spielbein) und
die einer Stütze sind klar in den Travertin-
blöcken zu erkennen, die in die Brecciabasis
eingelassen sind. Von ihr selbst ist leider nichts
weiter erhalten als Zeigefinger und Daumen-
ansatz sowie der Rücken der rechten Hand aus
weißem Marmor. Zwischen den Fingern die
Rundspur eines Szepters oder einer Lanze. Die
Hand war zur Verminderung des Gewichtes
hohl gearbeitet, wohl über geringwertigerem
Material. Zur näheren Bestimmung von Zeit
und Darstellung dieses enormen Werkes reichen
die kärglichen Reste nicht aus. Sicher ist der
Koloß später anzusetzen als die im Vergleich
zu seinen Maßen viel zu enge Halle, deren
Decke seiner Aufstellung noch dazu zum Opfer
fallen mußte, da er die Höhe der Inkrustations-
architektur um beinahe das Doppelte übertrifft. —
Das prächtige Rhodiserpriorat am Forum
Augusti, begonnen noch im 13. Jahrhundert,
im Quattrocento endgültig ausgestaltet, bleibt
zu musealen Zwecken erhalten. Es erhebt sich
über dem merkwürdigen noch augusteischen
Bauwerk unbekannter Bestimmung an der
Außenseite der nördlichen Exedra, von dem eine
Pfeilerbogenstellung erhalten geblieben ist, von
der klaren Form des untersten Stockwerkes eines
arkadenumschlossenen Cortile der Renaissance.
Gelegentlich der Entdeckung eines gleichartigen,
aber erst aus späterer Kaiserzeit stammenden
Gebäudes in Ostia (Horrea Epagathiana) wurde
schon einmal auf die zweifellos vorhandene Fili-
ation dieser Bauform auf italischem Boden hin-
gewiesen.
Um noch kurz auf die ebenfalls am 21. April,
dem mythischen Geburtstag der Stadt, inaugu-
rierten Grabungen am Trajansforum hinzu-
weisen, so ist zu berichten, daß man im Augen-
blick noch an der Entfernung der Gartenerde
im Bogen der östlichen Halbkreisnische arbeitet.
Das System ihrer zweigeschoßigen Nischen-Fen-
sterarchitektur ist schon seit langem bekannt.
Neu fand sich das Pflaster davor aus bunten
Marmorplatten. An Einzelfunden ist bisher ein
kolossaler Nervakopf und der hervorragend gut
gearbeitete Torso einer Panzerstatue, beides
in weißem Marmor, zu nennen.
Rom, Oktober 1926
Reinhard Herbig
KUNSTAUKTIONEN
KUPFERSTICHAUKTION BEI C. G. BOERNER IN
LEIPZIG
2. bis 6. Mai — Die Mai-Versteigerung in Leip-
zig war, wie schon seit einer Reihe von Jahren
das bedeutendste Ereignis der Saison auf dem Ge-
biet alter Graphik. Es ist eigentlich erstaunlich,
wie es immer noch gelingt, interessantes, zum
großen Teil bedeutendes, ja unikales Material
darzubieten. Es entstammte diesmal mehreren
Quellen. Die sehr ausgewählte Sammlung des
schon 1899 gestorbenen Dresdner Kunstfreundes
Franz von Hagens enthielt ein überaus kost-
bares Dürerwerk und eine zwar nicht umfang-
reiche, aber um so großartigere Kollektion von
Rembrandtblättern. Der Inhalt eines zweiten Ka-
talogbandes bildete die von Hans Börner entdeckte
Sammlung aus altadeligem Besitz, die seit etwa
1800 unberührt auf einem schlesischen Schlosse
lag und daher eine große Anzahl ganz selten
gewordener Blätter der frühen deutschen und
niederländischen Meister, darunter den unikalen
Holzschnitt von Cranach Christus auf dem Öl-
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