UNVERÖFFENTLICHTE SKULPTUREN DES MUSEUMS
IN AREZZO
VON ALESSANDRO DEL-VITA
Im Museum von Arezzo befindet sich ein männlicher Kopf aus Basalt unbekannter Pro-
venienz, dessen Typus und Art sich nur in seltenen Beispielen nachweisen läßt. (Abb. 1/2.)
Der Kopf ist bartlos und stellt einen Mann von 30 bis 40 Jahren dar • mit viel anatomischem
Verständnis sind die vollen fleischigen Partien geglättet. Am Halse werden die vorderen
Muskeln sichtbar, zwei leichte Grübchen zeigen sich an der Kehle, das Kinn ist rundlich
und vorspringend. Die Wangen sind glatt und die Jochbeine stark betont. Der Mund ist
aufgeworfen mit starker Oberlippe und der gerundeten Unterlippe und ist in den
Winkeln ganz leicht hinuntergezogen, so daß er in zwei Grübchen ausläuft, ein stilistisches
Merkmal, das sich fast immer an den klassischen Originalen findet. Von der Mitte der
Oberlippe führt eine kleine, gerade Auskehlung zu der mittelgroßen Nase mit stark aus-
einandergespreizten Nasenflügeln. Die Augenhöhlen sind ein wenig vertieft und zeigen
Falten, während die Bogen der Augenbrauen gut gezeichnet und offen sind. Die Augen
haben die richtige Größe, runde Pupillen mit einem stark vertieften Loch. Stark markierte
Linien furchen die Stirne, die Haare sind geteilt und fallen nach beiden Seiten herab. Der
Kopf im ganzen zeigt Charakter und Energie im Ausdruck.
Die Seltenheit von Objekten, die man mit dieser Skulptur in Zusammenhang bringen kann,
macht es sehr schwer, über sie ein entscheidendes Urteil abzugeben. Beginnen wir deshalb
damit, was sich ausschließen läßt, und betrachten wir die beschriebenen charakteristischen
Merkmale, wie sie auch auf der Abbildung zu erkennen sind, so kommen wir dazu, den
Kopf in die Wende des 5. zum 6. Jahrhundert zu verlegen.
Mit dem Vorbehalt, auf dieses interessante Stück mit entscheidenderen Vergleichen und
Konstatierungen nochmals zurückzukommen, wollten wir es doch vorläufig der Aufmerk-
samkeit der Wissenschaft und den Kunstkennern vorgelegt haben.
Eine ungemein charakteristische Skulptur ist Fig. 3, ein fragmentierter männlicher Kopf
aus Sandstein, der mehr der Sonderbarkeit seines Typus wegen als des Interesses willen,
das er erregen könnte, hier veröffentlicht sei. Der Ausdruck ist fast tierisch in der Wirkung.
Der Mund, der heute teilweise verstümmelt ist, ist riesig breit, zeigt wenige und plumpe
Zähne, ein Schnurrbart, aus rohen Riefelungen gebildet, hängt darüber. Die Nase ist lang,
gerade und eingedrückt, mit zwei kreisrunden Nasenlöchern, aus der Stirne hervortretend,
mit zwei kleinen Buckeln wie gegenüberliegende Schuppen. Die Augen ohne Pupille sind
fast vollkommen oval und umzogen von eingegrabenen Linien, mit denen der primitive
Bildhauer die Wimpern darstellen wollte. Am oberen Teile ist der Kopf verstümmelt, aber
nicht so sehr, daß man die Spuren der Zacken einer Krone nicht erkennen würde. — Es
existiert noch ein vollständiges Kapitell am rechten Pfeiler des Presbyteriums der Pfarrkirche
von Arezzo, das verschiedene Köpfe von größter Ähnlichkeit mit unserem Stück zeigt. Es
läßt sich vermuten, daß unser Fragment zu einem solchen Kapitell gehörte, das die uralte
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IN AREZZO
VON ALESSANDRO DEL-VITA
Im Museum von Arezzo befindet sich ein männlicher Kopf aus Basalt unbekannter Pro-
venienz, dessen Typus und Art sich nur in seltenen Beispielen nachweisen läßt. (Abb. 1/2.)
Der Kopf ist bartlos und stellt einen Mann von 30 bis 40 Jahren dar • mit viel anatomischem
Verständnis sind die vollen fleischigen Partien geglättet. Am Halse werden die vorderen
Muskeln sichtbar, zwei leichte Grübchen zeigen sich an der Kehle, das Kinn ist rundlich
und vorspringend. Die Wangen sind glatt und die Jochbeine stark betont. Der Mund ist
aufgeworfen mit starker Oberlippe und der gerundeten Unterlippe und ist in den
Winkeln ganz leicht hinuntergezogen, so daß er in zwei Grübchen ausläuft, ein stilistisches
Merkmal, das sich fast immer an den klassischen Originalen findet. Von der Mitte der
Oberlippe führt eine kleine, gerade Auskehlung zu der mittelgroßen Nase mit stark aus-
einandergespreizten Nasenflügeln. Die Augenhöhlen sind ein wenig vertieft und zeigen
Falten, während die Bogen der Augenbrauen gut gezeichnet und offen sind. Die Augen
haben die richtige Größe, runde Pupillen mit einem stark vertieften Loch. Stark markierte
Linien furchen die Stirne, die Haare sind geteilt und fallen nach beiden Seiten herab. Der
Kopf im ganzen zeigt Charakter und Energie im Ausdruck.
Die Seltenheit von Objekten, die man mit dieser Skulptur in Zusammenhang bringen kann,
macht es sehr schwer, über sie ein entscheidendes Urteil abzugeben. Beginnen wir deshalb
damit, was sich ausschließen läßt, und betrachten wir die beschriebenen charakteristischen
Merkmale, wie sie auch auf der Abbildung zu erkennen sind, so kommen wir dazu, den
Kopf in die Wende des 5. zum 6. Jahrhundert zu verlegen.
Mit dem Vorbehalt, auf dieses interessante Stück mit entscheidenderen Vergleichen und
Konstatierungen nochmals zurückzukommen, wollten wir es doch vorläufig der Aufmerk-
samkeit der Wissenschaft und den Kunstkennern vorgelegt haben.
Eine ungemein charakteristische Skulptur ist Fig. 3, ein fragmentierter männlicher Kopf
aus Sandstein, der mehr der Sonderbarkeit seines Typus wegen als des Interesses willen,
das er erregen könnte, hier veröffentlicht sei. Der Ausdruck ist fast tierisch in der Wirkung.
Der Mund, der heute teilweise verstümmelt ist, ist riesig breit, zeigt wenige und plumpe
Zähne, ein Schnurrbart, aus rohen Riefelungen gebildet, hängt darüber. Die Nase ist lang,
gerade und eingedrückt, mit zwei kreisrunden Nasenlöchern, aus der Stirne hervortretend,
mit zwei kleinen Buckeln wie gegenüberliegende Schuppen. Die Augen ohne Pupille sind
fast vollkommen oval und umzogen von eingegrabenen Linien, mit denen der primitive
Bildhauer die Wimpern darstellen wollte. Am oberen Teile ist der Kopf verstümmelt, aber
nicht so sehr, daß man die Spuren der Zacken einer Krone nicht erkennen würde. — Es
existiert noch ein vollständiges Kapitell am rechten Pfeiler des Presbyteriums der Pfarrkirche
von Arezzo, das verschiedene Köpfe von größter Ähnlichkeit mit unserem Stück zeigt. Es
läßt sich vermuten, daß unser Fragment zu einem solchen Kapitell gehörte, das die uralte
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