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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 11.1927

DOI issue:
Heft 56
DOI article:
Braun, Edmund Wilhelm: Zwei Terrakottastudien von Joh. Baptist Hagenauer
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https://doi.org/10.11588/diglit.55197#0097

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ZWEI TERRAKOTTASTUDIEN VON JOH. BAPTIST
HAGENAUER
VON E. W. BRAUN
Im Dezember 1916 tauchten im Wiener Kunsthandel zwei Terrakottamodelle auf, die
nach ganz kurzer Zeit in die Sammlung des Herrn G. R. Paalen von Sagan gelangt
sind. Dem Besitzer verdanke ich auch die auf meine Bitte seinerzeit aufgenommenen
Lichtbilder der beiden Bozzetti, die noch unter der bewährten Hand des alten Herrn
Frankenstein entstanden.
Beim ersten Anblick erschien es mir, als ob die beiden Terrakotten — dargestellt sind
der hl. Petrus in der Reue und die büßende Magdalena — die Gußmodelle zu den
gleichnamigen Bleifiguren Hagenauers seien, die sich in je zwei Exemplaren erhalten
haben, und zwar im Kunsthistorischen Hofmuseum zu Wien1 und im Österreichischen
Museum für Kunst und Industrie. Ein genauerer Vergleich ergab jedoch ein viel interes-
santeres und kunstgeschichtlich wertvolleres Ergebnis, denn die Paalenschen Figuren
sind, ganz abgesehen von der Verschiedenheit der Maße, in Bewegung, Haltung und
Modellierung abweichend von der in den Bleigüssen vorliegenden letzten Redaktion aus
dem Jahre 17593. So bilden sie eine wichtige Zwischenstufe zwischen der ersten Kon-
zeption, sei es, daß dieselbe als Zeichnung oder Tonskizze vorlag und den endgültigen
Güssen. Wir bilden hier auf zwei Tafeln jeweils das gebrannte Tonmodell neben dem
Bleiguß ab; Herrn Dr. A. Weixelgärtner verdanke ich die Photographien der letzteren,
die auf meine Bitte analog der entsprechenden Schauseite der beiden Terrakotten auf-
genommen worden sind. So ermöglicht sich ohne Mühe eine erschöpfende Vergleichung
beider Modelle. Zunächst betrachten wir die Dimensionen der Terrakottafiguren. Die
Magdalena mißt in der Höhe 17'5 cm, während die der Petrusfigur 18 cm beträgt. Die
entsprechenden Bleigüsse messen 14’8 cm, beziehungsweise 15’5 cm. Also die Terrakotta-
bozzetti sind zirka 2’/2—3 cm höher. Die Differenz entspricht zwar ungefähr dem Guß-
schwund, aber nur soviel geht für die Entwicklungsgeschichte der beiden Werke aus
dieser Tatsache heraus, daß die Originalgußmodelle ungefähr in derselben Größe wie die
Terrakotten ausgeführt waren, der von Hagenauer beabsichtigte Maßstab ist sich ziemlich
gleich geblieben. Der Künstler hat die Terrakotten nach dem Brennen in grünen und
braunen Tönen bemalt, sicherlich um den Eindruck der Bronze mit ihrer Patina hervor-
zurufen.
Das Bronzieren von Terrakotten und auch von Gipsabgüssen war nun damals gang und
gäbe in den Bildhauerwerkstätten. Von den »Aufnahme-« und »Preisstücken« der Wiener
Kunstakademie, die Anton Weinkopf beschreibt, ist zum Beispiel das Basrelief von ge-
brannter Erde: wie »Herkules die Unwissenheit und den Neid besiegt«, welches Christoph
1 Abgebildet und beschrieben von Julius von Schlosser, Werke der Kleinplastik in der Skulpturensammlung des Aller-
höchsten Kaiserhauses. I.,L.,XLVII undS. 18. und von Planiscig, Die Bronzeplastiken des Kunsthistorischen Museums
Wien — 1924. S. 252, Nr. 579 u. 380. 2 Dementsprechend sind die Angaben von Planiscig a. a. O. zu berichtigen.

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