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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 11.1927

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Heft 60
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Strzygowski, Josef: Byzanz und die ostchristliche Kunst
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Ottmann, Franz: Meisterwerke englischer Malerei aus drei Jahrhunderten
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https://doi.org/10.11588/diglit.55197#0293

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MEISTERWERKE ENGLISCHER MALEREI AUS DREI JAHRHUNDERTEN

Art durch Rückbildung aus dem Ägyptischen
entstanden zu sehen. Nein, wenn ich die sibiri-
schen Goldfunde dazunehme, dann muß ich
einen eigenen nordasiatischen Kunststrom, der
Jahrtausende alt ist, voraussetzen.
Leute, die mich gern auf irgend eine Art zum
Ketzer stempeln möchten, sollten doch vernünftig
lesen, was Dalton, der gewiß nicht glatt auf
meine Annahmen eingeht, über meine For-
schungsrichtung sagt, nachdem er sie in allen
Einzelheiten durchgesprochen und seine Bedenken
geltend gemacht hat. Wenn jetzt jüngere Fach-
genossen in ihrem Eifer, den Steinbau Europas
gegen meine auf den Holzbau gerichteten
Arbeiten in Schutz zu nehmen, so weit gehen,
daß sie die gleiche, gegen mich gerichtete An-
merkung gleich zweimal drucken, so kenne ich
dieses Vorgehen schon von der Zeit her, in der
ich einst anfing die Frage »Orient oder Rom«
durch ganz Asien zu verfolgen.
Wie es kommt, daß alle diese Dinge gerade
beim Entstehen der ostchristlichen Kunst von
Byzanz zur Sprache kommen? Als ich 1902
mein »Hellas in des Orients Umarmung« schrieb
und damit gegen Wickhoffs Wiener Genesis,
wie schon in »Orient oder Rom« 1901 Stellung

nahm, da wurde in Bewegung gesetzt, was Riegl
in seiner »Spätrömischen Kunstindustrie« und
seither viele andere antrieb: der Kampf gegen
die Feststellung, daß der alte Stammbaum, der
von Ägypten her über Mesopotamien, Hellas
und Rom unmittelbar ins Romanische usw. über-
leiten sollte, nicht zu Recht bestehe, sondern
mit dem Mittelalter eine ganz andere Kunst-
richtung einsetze, die eben aus Asien und —
wie ich jetzt hinzufügen kann — dem euro-
päischen Norden herstammt. In Byzanz und der
ostchristlichen Kunst werden die wegweisenden
Spuren deutlicher als vorher im Hellenismus;
deshalb wird niemand mehr, der sich mit diesen
Kunstkreisen beschäftigt, in Zukunft so einseitig
wie Riegl urteilen dürfen, sondern er wird Asien
kennen müssen, bevor er mitreden kann. Dalton
hat dazu besser als Diehl das durch meine
Lebensarbeit notwendig Gewordene gesagt. Er
hält im Sinne meiner »Krisis der Geisteswissen-
schaften« bei der Wesensbetrachtung; das volle
Verständnis kommt erst, wenn man die Kräfte
rein sachlich nimmt und auch in Entwick-
lungsfragen den Beschauer ganz auszuschalten,
das heißt, die Sachen für sich sprechen zu lassen
weiß.

MEISTERWERKE ENGLISCHER MALEREI AUS
DREI JAHRHUNDERTEN
VON FRANZ OTTMANN

Wien, Secession, 1927.
Diese Ausstellung ist wie ein Fest verrauscht.
Täglich Hunderte von Besuchern, gewiß ein tiefer,
vermutlich lang nachhallender Eindruck. Woher
diese tiefe Wirkung?
Skeptiker erklären sie aus der unausrottbaren
Höherschätzung alles Fremden und alles Engli-
schen im besonderen und aus der glatten, ein-
schmeichelnden Problem]osigkeit dieser Malerei,
die der gedankenlosen Schaulust der Masse so-
sehr entgegenkomme. Optimistischer Denkende
erklären sie nun aus der Fülle von schönen,
jugendlich-frischen Menschen, die da von den

Wänden herabblickten und soviel Kraft und Ge-
sundheit in den Raum verströmten. Bedeutungs-
voll war auch die überaus glückliche Fassung
(durch Arch. Zeymer), besonders des salonartigen
Mittelraums mit der goldenen Hohlkehle als Ab-
schluß. Wichtig auch die umfassende Mannig-
faltigkeit, wodurch die englische Malerei seit
der frühen Barockzeit allseitig aufgeblättert und
in ihrer ganzen reichen Fülle gezeigt wurde:
Porträt, Landschaft, Genre, religiöses Bild, My-
thologie, Satire, Stilleben, Zeitbild; Öl, Aquarell,
Miniatur, Zeichnung (auch für Gobelin); wohl-
erzogene Salongebärde und speiende Rüpel, kalter
Stolz und herzliche Gemeinschaft, Humor, An-
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