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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 11.1927

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Heft 60
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Ottmann, Franz: Meisterwerke englischer Malerei aus drei Jahrhunderten
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Berichte aus den Kunstzentren
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Herbig, Reinhard: Der " Zeus des Phidias" aus Kyrene
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https://doi.org/10.11588/diglit.55197#0297

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BERICHTE AUS DEN KUNSTZENTREN

MASTERPIECES OF ENGLISH PAINTING OF
THREE CENTURIES, VIENNA. SEZESSION, SEP-
TEMBER-NOVEMBER 1927
The great success of this Exhibition is due to
various factors. The meaning of the pictures
themselves is quite clearly depicted; the youth
and healthiness of the subjects make them a
source of refreshment. The Exhibition became
an event of Society, because the paintings them-
selves are so eminently founded on Society.
The lack of religious subjects is rather remark-

able; this may, however, be due to the cir-
cumstance that this painting is, after all, not
rooted in England, but imported from abroad.
Landscape painting is the only original English
work, which can be really said to have Sprung
up on English soil. It is with Landscape painting
that the spell of the Barock Art was broken,
and to which all modern painting owes its
foundation. This great merit of English art is
uncontested.

BERICHTE AUS DEN KUNSTZENTREN

DER »ZEUS DES PHIDIAS« AUS KYRENE
VON REINHARD HERBIG
Erst vor wenigen Wochen hat das italienische
Kolonialministerium die Presse ermächtigt, über
einen neuen wichtigen Fund zu berichten, der
bereits im Februar der glücklichen Hand Doktor
G. Guidis gelang. Kyrene, das schon vor 13 Jahren
das Wunderwerk des Aphroditetorsos, jetzt im
römischen Thermenmuseum, im buchstäblichen
Sinne des Wortes gebar, ist dazu ausersehen, den
leidenschaftlichst gehegten und vielfach schon
resigniert aufgegebenen Wunsch der archäologi-
schen Forschung zu erfüllen und der Welt
nichts Geringeres wiederzuschenken, als die erste
große, genaue Kopie vom Kopf des Goldelfen-
beinbildes, welches, von der Meisterhand des
Phidias selbst geschaffen, im Tempel des Zeus zu
Olympia thronte. So etwa Ton und Meinung
der römischen »Tribuna«, der G. E. Rizzo seine
gewichtige Stimme leiht.
Die neuesten italienischen archäologischen Ar-
beiten in der jungen Kolonie Kyrene hatten die
Aufgabe, das Gebiet des sogenannten großen
Tempels, der schon 1861 durch die Unter-
suchungen der Engländer Smith und Porcher
vorübergehend in den gelehrten Gesichtskreis ge-
treten war, aufzuräumen. Dabei kamen nach und
nach, von Guidi sorgfältigst beobachtet und in
subtilster Siebarbeit gewonnen, zahlreiche Frag-
mente, oft nur Splitter, eines kolossalen (die
Maße fehlen bisher noch !) bärtigen Götterkopfes

aus Marmor zutage. Und zwar fanden sie sich
am Fuß der Basis im Hintergrund der Cella,
also Überreste des Kultbildes selbst. Die mäch-
tigen Locken von Haupthaar und Bart tragen
reiche Spuren von Vergoldung, den nackten Tei-
len ist künstlich das Aussehen von Elfenbein
verliehen. Das deutliche Streben nach der Wir-
kung eines chryselephantinen Bildwerks. Da-
zu kommt, daß die Ausmaße der Basis (8 m
breit!) einen gewaltigen Koloß als Kultbild vor-
aussetzen (der phidiasische Zeus war zirka 12 m
hoch!). Und das letzte Glied der Kette bildet jene
Inschrift, welche, zum Tempel gehörig, von Guidi
gleichzeitig aufgefunden wurde und die den
Tempel als dem Zeus Olympios Epekoos geweiht
bezeichnet. Epitheton erinnert aufs entschieden-
ste an einen Hauptpunkt der rhetorischen Para-
phrase, welche Dio Chrysostomus psychologisch-
analysierend der noch seine Zeit mächtig er-
greifenden Wirkung des phidiasischen Götter-
bildes widmet. Und die Wahrscheinlichkeit ist
nicht gering, das die Kyrenäer in diesem Fall
ein möglichst getreues Abbild des olympischen
Zeus bei sich hatten aufstellen lassen.
In der Tat also alles Resultate, die die Hoffnung
jäh beleben, endlich durch eine maßähnliche Nach-
bildung im Besitz dessen zu sein, was den Alten
als eines der sieben Weltwunder galt. Der En-
thusiasmus von Finder und erstem Künder ist
begreiflich. Wird er aber auch nüchtern kriti-
scher Beurteilung endgültig standhalten ? Diese

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