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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 11.1927

DOI Heft:
Heft 59
DOI Artikel:
Ginhart, Karl: Über die Zweiachsigkeit im nordischen Baudenken des Mittelalters
DOI Artikel:
Marle, Raimond van: Drei Madonnen des Guidoccio Palmerucci
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https://doi.org/10.11588/diglit.55197#0246

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RAIMOND VAN MARLE

spiele, die sich zahlreich vermehren ließen, gelungen ist, von diesen unterirdisch nie er-
loschenen Beziehungen eine gewisse anregende Vorstellung erweckt zu haben. Bei dem
Fehlen zweiachsiger Gestaltungselemente kann an den römischen Querräumen, an den
Tepidarien vor allem der Thermenbauten, von einem Zusammenhang mit nordischen Quer-
räumen nicht die Rede sein, abgesehen davon, daß es sich in Rom nur um nicht (schich-
tenmäßig belegbare) Bildungen an städtischen Großbauten handelt. Woher die römischen
Breiträume stammen, bedarf noch eingehender Untersuchung. Die vorgeschichtlichen
Apsidenhäuser etwa auf Gozzo dürfte man, abgesehen davon, daß Zwischenstufen fehlen,
auch deshalb nur mit Vorsicht heranziehen, weil an den römischen Tepidarien die seit-
liche Apsidenrundung fehlt. Mit dem nordischen Querhausraum ergibt sich jedenfalls
keine Verbindung. Eine andere Frage ist, wie weit das römische Basilikenquerschiff mit
diesen kaiserzeitlichen stadtrömischen Querhäusern zusammenhängt. Für das nordische
Querhaus ist der nordische Ursprung gesichert, vor allem durch den innigen Zusammen-
hang mit der Zweiachsigkeit (im ausgebildeten oder verkümmerten Sinne).
Querraum und Zweiachsigkeit passen nicht in das System dogmatischer Raumästhetik.
Hier ist der Mensch keineswegs das Maß der Dinge. Es gelten nicht die Gesetze vom Bau
seines Leibes und dessen Funktionen. Es fehlt jede einladende Einfühlungsabsicht. Simon
ist der Satz entschlüpft1, der moderne Mensch fühle sich »unbehaglich« in zweischiffigen
Räumen. So stark stecken wir noch im Banne antikisch-klassizistischen Raum empfindens.
Es wurde hier also eine der Antike entgegengesetzte nordische Raumbildung vorgeführt
und zu zeigen versucht, wie tief der Grundsatz zweiachsigen Gestaltens das gesamte nordi-
sche Baudenken des Mittelalters durchzieht: wie er nicht nur in den zweischiffigen kirch-
lichen und profanen Bauten aufzuzeigen ist, sondern auch die Einzelheiten der Portal-
und Fensterbildung, der Innen- wie Außengliederung bestimmt und in ursprunghaftem
Zusammenhänge steht mit der nordischen Querräumigkeit und Holzbauart.
1 K. Simon, Die Anlage usw., 141.
DREI MADONNEN DES GUIDUCCIO PALMERUCCI
VON RAIMOND VAN MARLE
Im »Belvedere« (Heft 14) hat Mario Salmi ein Polyptichon der Sammlung Lanckoronski
mit guten Gründen dem Guiduccio Palmerucci zugeschrieben und im Anschluß daran
eine Liste der bis dahin bekannten Werke des Meisters1 gegeben, der als Vertreter der
Lorenzetti-Schule von 1515 bis 1549 in Gubbio tätig war. Diese Liste kann ich um drei
weitere Madonnendarstellungen vermehren.
Eines dieser Gemälde, das aus der Sammlung O. Lanz in Amsterdam, habe ich bereits an
anderer Stelle erwähnt2, doch ohne es abzubilden. Die beiden andern Bilder, eines in der
1 Literatur v. Salmi; seitdem erschien der 5. Band von meinem »Development of Italian schools of Painting«,
the Hague, 1925, wo ich S. 80 usw. Palmerucci behandle. a In einem kurzen Zusatz zu meinem fünften
Band, S. 484.

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