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Belvedere: Monatsschrift für Sammler und Kunstfreunde — 11.1927

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Heft 55
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Kunsauktionen
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Stix, Alfred: Kupferstichauktion bei C.G. Boerner in Leipzig
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Grünstein, Leo: Die Versteigerung der Minitaturensammlung Mayr, Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.55197#0048

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KUNSTAUKTIONEN

berge bewahrte. Den dritten Teil bildete eine
sehr umfangreiche Sammlung alter Holzschnitte;
das Füllmaterial meist aus der ehemaligen Wiener
Sammlung Wünsch, während die kostbaren Stücke
zu einem großen Teil aus der Dresdener Sekundo-
genitursammlung stammte, die nun wie es scheint
vollständig zum Verkaufe freigegeben ist. Ein
solches Material mußte einen sehr weiten Inter-
essentenkreis herbeiziehen; die vielen Selten-
heiten boten insbesondere auch den öffentlichen
Sammlungen Möglichkeiten zur Ergänzung. Es
waren auch nahezu alle großen Kabinette ver-
treten. Campbell Dodgson, der nun auch schon
Altmeister in der Erforschung der klassischen
deutschen Graphik geworden ist, war das erste-
mal nach dem Krieg wieder auf einer deutschen
Auktion zu sehen. Selbst das Metropolitan Museum
in New York hatte seinen Vertreter gesandt. Der
deutsche, englische, amerikanische aber auch der
holländische und französische Handel waren durch
diebekannten ersten Häuser vertreten, erfreulicher-
weise beteiligten sich auch einzelne große Privat-
sammler sehr intensiv. Daß bei einem solchen
Zusammenstrom von Interessenten die Preise
entsprechend hohe waren, ist nur natürlich,
im übrigen hat sich das Bild über die ver-
schiedenen Interessenkreise, das man sich schon
seit einer Reihe von Jahren machen konnte, kaum
verschoben. Wirklich begehrt waren nur Blätter,
bei denen hohe künstlerische Qualität und vor-
zügliche Druckqualität zusammentrafen, der Re-
kordpreis von 42.000 Mark für Dürers »Adam
und Eva« aus der Sammlung Hagens war nur
denkbar, weil das Blatt wirklich eines der besten
existierenden Drucke ist (für das ebenfalls außer-
ordentlich schöne Exemplar der Sammlung Da-
vidson war vor sechs Jahren etwas weniger
als die Hälfte in Gold gezahlt worden).
Die Kupferstichsammlungen sind eben aus der
Epoche, die auf Vollständigkeit Gewicht legte,
heraus und folgen der Tendenz des ganzen moder-
neren Sammelwesens, die den Hauptwert auf
künstlerische Qualität legt. In Zusammenhang
damit steht natürlich auch die Preisbildung mit
ihren abnormen Spannungen zwischen den be-
gehrten Hauptstücken und der großen Masse der

Objekte. Hieraus ergeben sich für einen Sammler
von eigenem Geschmack und Witterung für kom-
mende künstlerische Werte noch immer Mög-
lichkeiten, auch mit geringeren Mitteln zu kaufen.
Nicht neu, aber immer schärfer akzentuiert ist
auch die Vorliebe für den Künstler-Holzschnitt
des 15. und 16. Jahrhunderts, der ebenfalls einige
Rekordpreise zu verzeichnen hat. Der künstlerisch
großartige, aber höchst ungleichmäßig gedruckte
unikale Cranachschnitt »Christus am Ölberg« und
die nur in zwei Exemplaren vorkommende Kreuzi-
gung gingen nach scharfem Kampf gegen Berlin
respektive München um 27.000, beziehungsweise
20.000 Mark in den Besitz des Metropolitan
Museums über. Den dritten dieser ganz seltenen
Cranachschnitte, die wahrscheinlich in Wien ent-
standen sind, den künstlerisch und auch als
Druck außerordentlich hochstehenden Holzschnitt
»Christus am Kreuz« konnte zwei Tage später die
Albertina um den verhältnismäßig bescheidenen
Preis von 4000 Mark erwerben. Er existiert nur
noch einmal im Dresdener Kabinett. Erfreulich
als Gegengewicht gegen die amerikanischen und
englischen Käufe wirkte die nun auch schon
seit zwei Jahren bemerkbare Aktivität der deut-
schen öffentlichen Sammlungen. Berlin, München
und Dresden haben eine Reihe wertvoller Ergän-
zungen ihren Beständen einfügen können. Dabei
ist es durchaus nicht als erster der Staat, der
das Geld hergibt. Die Opferwilligkeit privater
Kreise hilft dort immer noch über die natur-
gemäß kargere staatliche Dotierung hinweg. Ins-
besondere Direktor Weigmann von München ist
es gelungen, sehr bedeutende Geldmittel aus dem
Kreise der Industrie aufzubringen und seine groß-
artige Aufbautätigkeit für sein Kabinett, die er
zuerst durch Abgabe von Dubletten inaugurierte,
nun, nachdem diese Bestände erschöpft sind, auf
neuer Basis fortzusetzen. Alfred Stix
DIE VERSTEIGERUNG DER MINIATURENSAMM-
LUNG MAYR, WIEN
Aus der Verborgenheit des Wiener Privatbesitzes,
der trotz starker Belastungsproben noch lange
nicht als erschöpft bezeichnet werden darf, ge-
langte am 16. Mai bei Wawra die Miniaturen-

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