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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0112

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Thoman Burgkmair hat — ungeachtet des großen
Wertunterschiedes, der zwischen den Werken des
Vaters und des Sohnes klafft — die frühe Ent-
wicklung Hans Burgkmairs, der wohl sicher zu-
nächst in der väterlichen Werkstatt gelernt hat,
stark beeinflußt. Siebzehnjährig (1490) malt Hans
das noch recht ängstlich und befangen wirkende
Gailerbildnis (Schleißheim, Galerie), das wenig
Schongauerisches — 1488 weilte Hans B. inSchon-
gauers Werkstatt — aber ganz olfenkundige Be-
ziehungen zu der Kunst Thomans zeigt. Die spröde,
trockne, den späteren Koloristen von Rang noch
nicht ahnen lassende Mal weise, die verhärtete,
scharf konturierende Zeichnung seien als Beleg ge-
nannt. Noch stärker fast wird die Einwirkung der
väterlichen Kunst auf den frühen Holzschnitten
Hans Burgkmairs fühlbar, deren prägnante, scharf
und eckig akzentuierte Typik ihre Verwandt-
schaft mit der Kunst Thomans nicht verleug-
nen kann. Um die Jahrhundertwende freilich hat
der Sohn, der auf seiner Italienfahrt den Blick ge-
weitet und sich einen neuen Begriff von mensch-
licher Größe, künstlerischer Monumentalität und
koloristischer Freiheit gebildet hatte, auf seiner
Petrusbasilika die heimatlichen Bindungen durch-
brochen, ist energisch und kühn zu neuen Lösun-
gen vorgestoßen und hat den Vater weit hinter sich
gelassen. Nur gelegentlich — wie beim Kruzifixus
der Kreuz-Basilika — greift der Sohn auf väter-
liches Werkstattgut zurück. Da das Spätwerk
Thomans deutliche Merkmale des künstlerischen
Kräfteverfalls zeigt, tritt der Kontrast zwischen
den in vollem Saft stehenden Werken des Sohnes
und den greisenhaft erstarrten Altersarbeiten Tho-
mans um so krasser zu Tage.
Thoman Burgkmair muß unter den Augsburger
Malern seiner Zeit eine geachtete Stellung einge-
nommen haben. Sonst wäre ihm kaum der Auftrag

geworden, das Ilochzeitshildnis des Fuggerpaares
zu malen. Sein Ruf erstreckte sich über die Mauern
der Stadt. 1492 bekennt Herzog Christoph von
Bayern ,,unserm liehen besonderen Thoman Burgk-
mair, dem Maler zu Augsburg, 6 fl. rh. schuldig
zu sein"/)
Als bei zunehmendem Alter seine Hand nicht mehr
gehorchte und schwere Krankheit seinen Lebens-
abend verdüsterte, da mag ihn der Gedanke getrö-
stet haben, daß sein Sohn erreichte, was seinen
schwächeren Kräften versagt bleiben mußte. —
Aus seinem Blut wurde Augsburgs größter Maler
geboren.
Die vorliegende Arbeit ist keine erschöpfende Dar-
stellung der Augsburger Tafelmalerei der Spätgo-
tik. Manches vorläufig noch isolierte Werk, das
vermutlich in Augsburg entstanden ist, wie etwa
die koloristisch reife Ilsungmadonna in St. Ulrich
und Afra zu Augsburg, wurde nicht behandelt. Daß
viele Fragen der Datierung noch nicht bestimmter
beantwortet werden konnten, liegt daran, daß wir
erst am Beginn einer wahrhaf t historischen Durch-
dringung des Arbeitsgebiets stehen. Da die einzel-
nen Meister erst als kunstgeschichtliche Persön-
lichkeiten auf die Beine gestellt werden mußten, so
wird es verständlich, daß die Darstellung mono-
graphischen und nicht allgemein-entwicklungsge-
schichtlichen Charakter annehmen mußte. So viel
dürfte klar geworden sein, daß die Generationen
der Ulrich Apt d.A., Hans Holbein d.Ä.,der Burgk-
mair, Brcu, Beck auf einer großen und bedeuten-
den heimischen Tradition auf hauen konnten. Schon
im 15. Jahrhundert gehört Augsburg zu den wich-
tigeren Zentren der oberdeutschen Malerei.
Jahrbuch der bildenden Künste N. F. UI (1926) S. 338, 339, Nr. 337a
und 345.

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