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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0451

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ERNST KRIS. NOTIZEN ZU ADOLF DAUCHER

Ein feingebildeter Italiener, der in den Jahren
1517—18 Süddeutschland bereiste, hat die Fugger-
kapelle zu St. Anna in Augsburg, deren Bau 1512
begonnen worden war, folgendermaßen beschrie-
ben^): In un monasterio di frati Garmelitani c
una cappella facta da dicti Fucchari in lo fine de
la nave de la ecclesia relevata circha octo scalini
con pavimenti marmorei et musaicati con una
laniatura ornatissima lavorata d'oro e de azurro
et altri colori tinissimi et con excellente pictura.
La tavola quäle tiene quasi tucta la facciata e
lavorata de figure marmoree perfectissime che
resemblano al antiquo grandimente et intorno ha
un choro die legnamo di rovere bizarro assai e
con figure de tucto rilievo de prophete et sibille
de artificio dignissimo; . . .
Die Geschichte des Bauwerkes und seiner Deko-
ration hat Halm in einer grundlegenden und weg-
weisenden Untersuchung geschildert; die Persön-
lichkeit des Bildhauers, der die Ausschmückung
leitete, hat er in helles Licht gerückt'). Adolf Dau-
cher gehört seither zu den „Bahnbrechern der
Renaissance in Deutschland", zu denen, die von
der neuen Kunst des Südens am stärksten beein-
druckt wurden. Über die Entwicklung seiner
Kunst ist wenig bekannt und das Wenige läßt sich
nur an der Hand biographischer Daten rekon-
struieren: er stammt aus Ulm, hat seine Heimat-
stadt im Jahre 1490 als reifer Mann verlassen und
') Die Reise des Kardinals Luigi d'Aragona,... beschrieben von Antonio
de Beatis, veröffentlicht und erläutert von Ludwig Pastor. 1905.
S. 35 etc.
-) Jahrbuch der preuß. Kunstsammlungen XLI. (1920) S. 214ff. (Studien
zur Augsburger Biidnerei der Frührenaissance I) und Studien zur Fugger-
geschichte VI. Adoif Daucher und die Fuggerkapelle bei St. Anna,
München 1921.

ist nach Augsburg übersiedelt. Zu den führenden
Ulmer Bildhauern stand er in naher Beziehung.
Michael Erhärt war sein Schwiegervater. Seinem
Schwager Gregor, der wiederholt als sein Arbeits-
genosse erwähnt wird, hat er noch im Jahre 1500
die Ausbildung seines Sohnes Hans anvertraut.
Aus den ersten zwei Jahrzehnten seiner Tätigkeit
in Augsburg ist kein Werk bekannt geworden.
Die künstlerische Charakteristik seiner Skulpturen
in St. Anna hat schon Angelo de Beatis gegeben:
die Marmorplastiken „ressemblano al antiquo
grandimente" und die Büsten des Ghorgestiihls
scheinen ihm „di rovere bizarro assai".
Der neue Stil, die freie Rezeption italienischer Mo-
numentalität und Ornamentik, und das Erbe der
Ulmer Spätgotik sind die Pole seiner Kunst.
Einige neu auf gefundene Werke zur Charakteristik
seines Stiles heranzuziehen, die Entwicklung seiner
Kunst und die Arbeitsweise seiner Schule hypothe-
tisch zu kennzeichnen, soll im Folgenden versucht
werden.
I.
In der Sammlung Sir Herbert Cooks in Richmond
findet sich ein Relief in Stechstein: Christus am
Ölberg (Abb. 316).
Über die allgemeine stilistische Einreihung kann
man kaum im Unklaren sein; doch scheint es, daß
der Zuschreibung an Adolf Daucher selbst einige
Wahrscheinlichkeit zukommt. Sie läßt sich durch
den Vergleich der künstlerischen Handschrift an
der Bildung der Einzelformen stützen^) - Es bedarf
3) Ich hebe nur Auffallendes hervor: Die Haarbehandlung des schla-
fenden Johannes mit den gebohrten Locken entspricht zwar schwä-
bischer Tradition — ähnlich auch bei Beieriein — ist aber in dieser
Art (am feinen Haarsträhn sitzt noch zuletzt eine Spirale) eben für

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