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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0508

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lität freilich ungewöhnliche — Kopie nach dem
Neapler Bild des Meisters. —- Zwei in der Zwi
schenzeit von der Eidgenössischen Gottfried Kel-
ler-Stiftung aus Privatbesitz erworbene, riesige
Altartafeln (Weihnacht und Gnadenstuhl mit un-
gläubigem Thomas) aus der nächsten Nähe des
Konrad Witz, sowie ein von Rudolf Riggenbach in
seiner singulären Bedeutung erkanntes, monumen-
tales Verkündigungsfresko in Basel, werfen das
Witz-Problem erneut in entscheidender Weise auf.
An dieser Stelle kann auf diese neuen Funde und
die Schlüsse, die sich daraus ergehen, nicht einge-
gangen werden.
Max L e h r s : Katalog der Kupfer-
stiche Martin S c h o n g a u e r s. Wien
1925. Gesellschaft für vervielfältigende Kunst.
(Sonderausgabe des V. Textbandes des Werkes
von Max Lehrs: Geschichte und kritischer Ka-
talog des deutschen, niederländischen und fran-
zösischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert.)
Das Erscheinen dieses Kataloges der Kupfer-
stiche Martin Schongauers wird gewiß allgemeine
Befriedigung hervorrufen. Ebenso wie die voran-
gegangenen vier Bände erfüllt er ein dringendes
Bedürfnis und doch ist dieses Bedürfnis anders
geartet. Bei den nordalpinen Kupferstechern vor
Schongauer handelte es sich in erster Linie um
die Zusammenstellung des Werkes der einzelnen
Meister, das gewaltig vergrößert und in vielen
Fällen abgerundet werden konnte. Hier war seit
Generationen das Werk in seiner ganzen Vollstän-
digkeit bekannt. Und doch galt es auch hier zu-
sammenzutragen, was an tausend Stellen verborgen
lag, und der Allgemeinheit in bequemer, übersicht-
licher und handgreiflicher Form bekannt zu
machen, was bisher seihst engsten Spezialisten nur
mühsam zugänglich war. Schongauer ist die erste
große künstlerische Individualität, die sich des

Kupferstiches als der seiner Wesensart entspre-
chenden Kunstgattung, die er seihst erst auf die
Höhe der technischen Vollendung führen mußte,
bedient hat, um seinen eigenen Bildgedanken die
ihnen wirklich gemäße und sie restlos zum Aus-
druck bringende Form zu verleihen. Die Wirkung
dieser Tat, die noch stark unterschätzt wird, war
ungeheuer. Sie äußert sich äußerlich schon darin,
daß kaum Dürer soviel kopiert und so häutig von
Tafel- und Miniaturmalern, von Reliefhildhauern
und von Kunsthandwerkern jeder Art benützt
wurde. In der so gut wie lückenlosen Zusammen-
stellung dieser Kopien, in der überwältigenden
Aufzählung der Benützungen erblicke ich das
wichtigste Verdienst von Lehrs' Katalog. Die hier
zum ersten Male ausgebreiteten Tatsachen ermög-
lichen nicht nur in vielen Fällen eine Datierung
der Originale, sie gehen uns auch das anschau-
lichste Bild von der allgemeinen Verbreitung der
Kunst Schongauers um die Wende des 15. und
16. Jahrhunderts. Das zweite, kaum weniger große
Verdienst liegt in der kritischen Verarbeitung der
gesamten und sehr umfangreichen Literatur über
jedes einzelne Blatt. In mustergültiger Weise fin-
den wir alles glossiert, was bisher über jedes Werk,
über seine Zusammenhänge mit anderen Kunst-
werken und namentlich über deren zeitliche Ein-
reihung in das Gesamtwerk gesagt worden ist. Es
zeugt für die unerhörte Bescheidenheit des ersten
Schongauer-Kenners nicht nur unserer Zeit, daß
er sich dabei, in jenen Fällen, die ihm noch nicht
spruchreif erscheinen, eines eigenen bestimmten
Urteils entschlagen hat. Unsere Wissenschaft wäre
weiter, wenn viele seinem Beispiele folgten und
die Monographen sich entschlössen, überall dort-
hin, wo sie zu keinem bestimmten Urteil gelangt
sind, ein mutiges deutliches Fragezeichen zu
setzen. Über diese beiden Hauptverdienste aber
darf der Ruhm der übrigen Katalogarbeit, das
Verzeichnen der ungefähren Anzahl der Exem-
plare und die Aufführung der hervorragend schö-

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