Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0462

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
AOOEE FEULNER.
ZWE! R!!J)N!SSE VON GHR!S! OPH AMRERGER

Die Grüne Gaicrie der Münchner Residenz ist von
der Wissenschaft bisher recht stiefmütterlich be-
handelt worden. Sc tdem am Anfang des vorigen
Jahrhunderts die wertvollsten Gemälde der Staats-
sammlnng einverleiht wurden, ist das Interesse ver-
dacht; nnr als Zeugnis einer älteren Kulturstufe
im Sammelwesen ist der prachtvolle Rokokoraum,
in dem dieBilder in alten Rahmen atsDekorationen
gruppiert die Wände schmücken, eine Berühmt
heit gehliehen. Gewiß besteht die Mehrzahl der Ge-
mälde aus Schulwerken und Kopien: aber unter
diesen sind doch noch verschiedene Werke von
Bedeutung versteckt. Da es dekorative Rücksichten
mit sich brachten, daß Gemälden ein ungünstiger
Platz an unbelichteten Fensterpfeilern und in dunk-
len Ecken zugewiesen werden mußte, sind einige
der besten dem Auge des Forschers entgangen. Zu
diesen wertvollen Werken gehören auch zwei Bild-
nisse^) .
Es sind Gegenstücke (Ol auf Lindenholz, 90 :80 cm),
Halhfiguren eines Mannes und einer Frau. Als Ge-
genstücke charakterisiert durch die Stellung gegen
einander und durch die Architektur des Hinter-
grundes am inneren Bildrand, ein Stück Pfeiler
mit Gesimshand. Unter dem Gesims stehen die In-
schriften, heim Mann: MDXXXVII. .HTATIS SVE
XXXXII; hei der Frau MDXXXVII ^ I ATIS SVA
XXIIII. Einer Beschreibung überheben uns die Ab-
bildungen. Xur die Farben müssen kurz notiert
werden. Der Mann mit den hellgrauen ruhigen Au-

gen, dem frischen Inkarnat, dem brünetten Vollbart
steht vor dunklem, grünlich braunem Hintergrund.
Er trägt eine dunkelhrauneSchauhcmitschwarzem
Besatz, ein schwarzes Wams, von dem die grünlich
modellierten, weißen Manschetten und Kragen sich
scharf abhehen. und ein schwarzes Barett. Ähnlich
dunkel, feierlich ist die farbige Haltung des Gegen-
stückes. Das grünlich-braune Seidenkleid ist mit
breitem, schwarzem Besatz garniert. Durch die
weiße, gelblich schimmernde Fläche des gefältel-
ten Untergewandes mit dem farbgoldenen Besatz,
des rosigen Gesichts, in dem die hellgrauen, etwas
stumpf blickenden Augen und diekarminroten Lip-
pen schweben, durch das farhgoldene, perlenbe-
setzte Häubchen im hellblonden Haar, durch die
geflochtene Goldkette wird das Dunkel auf gelich-
tet. Der Beschreibung ist noch anzufügen, daß
Pentimenti die originale Hand beweisen. Die rechte
Schulter der Frau und die linke des Mannes sind
nachträglich erhöht worden. Dei Umriß des Ärmels
ist korrigiert und am Mund der Frau schimmert
eine andere Vorzeichnung mit Deutlichkeit durch.
Wer ist der Meister dieser schönen Porträts? Im
Residenzinventar von 1770 sind die Bilder folgen-
dermaßenbeschriehen:,, Johannes Holbein ad. 1537.
Das Bildnis eines gebärdeten alten Mannes in hal-
ber Figur" und ,,Das Bildnis einer Frauens Per-
sohn in halber Figur ihres alters 24 Jahre." In
Blei ist aus jüngerer Zeit (angeblich von Bode) der
Name Müelich hinzugefügt. Beide Bestimmungen
bedürfen wohl keiner Widerlegung. Schon die far-
bige Behandlung, der Nachdruck der auf das Ko-
lorit gelegt ist, läßt an Amherger denken. Von die-
sem dünnen, malerisch vertriebenen, weichen und
 
Annotationen