kothek ein edles, gemessenes Pathos, in dem an-
dern ein hemmungsloser — echt spätgotischer —
Ausbruch des Schmerzes.
Auf Grund dieser charakteristischen Generations-
unterschiede kann nur der ältere Apt als Meister
der in Privatbesitz befindlichen Tafel in Frage
kommen. Für die Zuschreibung bieten sich aber
noch weitere Argumente an. Als ganz individuelle
Besonderheiten des Meisters seien hervorgehoben:
die gedrungenen Proportionen, durch die sich die
Gestalten sehr wesentlich von den Figuren der bei-
den jüngeren Meister unterscheiden, die eigentüm-
lich verkümmerten,durch flockig aufgesetzteLicli-
ter artikulierten Finger, für die man etwa die
Hände des linken Engels oder des Mohrenkönigs
im Louvre-Bilde vergleiche, der Baum mit den
scharf silhouettierten Zweigen und den in der be-
kannten Manier getüpfelten Blättern.
Eine nächtliche Landschaft von düsterer Roman-
tik. Grell heben sich die weißen Kämme der Wol-
ken von dem schwärzlichen Himmel, gespenstisch
leuchten die weißen Gebäude, in fahlem Licht
schimmert das grünlichgraue Gestein der Schädel-
stätte aus dem warmbraunen Rasen. Fahl auch
das Karnat des Leichnams, das sich mit dem Bro-
katkleid Magdalenas in das tonige Hell Dunkel der
Landschaft bindet. Der Alantei des Johannes von
gedämpftem, in den Schatten schwärzlichem Zin-
nober; das Gewand der Maria schwarz (stark ein-
geschlagen, ehemals wohl schwärzlichblau), das
Kopftuch von kaltem AVeiß, der Alantei der hinter
Alaria knienden Frau schwärzlichgrünlich. Der
dünne gußartige Schmelz, die feine Verschumme-
rung der Töne und das malerische Helldunkel wei-
sen wiederum entschieden auf den älteren Apt. Im
Rehlingen- und Universitätsaltar sind die Farben
energischer, zügiger und in größeren Flächen auf-
getragen.
Wir lernen hier den sonst so gemessenen Apt von
einer neuen Seite kennen. Die Darstellung über-
rascht durch den starken Ausdruck schmerzlicher
Erregtheit, durch die volkstümliche Drastik der
Alirnik und der Gebärden. Von jener phantasti-
schen, karikaturmäßigen Verzerrung des Aus-
drucks, wie sie etwa der ältere Breu hebt, hielt sich
jedoch der Meister fern; er war auch hier um Na-
turwahrheit bemüht, wobei er sich freilich mit
sichtlicher Freude an das Derbcharakteristische
und Häßliche hielt. Der knollige, rustikale Kopf
des Johannes ist bildnismäßig durchgeführt und
in dem proletarischen Gesicht Christi kommt der
Zustand des Todes so überzeugend zum Ausdruck,
daß man annehmen möchte, Apt habe im Siechen-
haus an einem Totenbette Studien gemacht.
Noch deutlicher als die übrigen erhaltenen Werke
zeigt diese Tafel, wie tief der Aleister in der Spät-
gotik wurzelt. Um aber seine entwicklungsge-
schichtliche Stellung richtig zu würdigen, darf
nicht vergessen werden, daß er älter als Holbein,
der Vater, war und daß er schon zu Anfang der
achtziger Jahre seine Kunst geübt hat. Schwerlich
hätte sich ein Alaler seiner Generation noch weiter
entwickeln können.
H.
Die Persönlichkeit des älteren Apt hat sehr stark
auf seine Schüler gewirkt. Länger als in anderen
Augsburger Werkstätten ist in der Aptschen nie-
derländischer Geist lebendig geblieben. Venezia-
nische Einflüsse, die für die Alalweise Burgkmairs
so bestimmend geworden sind, finden sich bei kei-
nem der Aleister, und idealisierende Tendenzen im
Sinne des älteren Holbein lagen ihnen durchaus
fern. Innerhalb der Augsburger Alalerei bilden die
AATrke des älteren Apt und seiner unmittelbaren
Gefolgsleute eine geschlossene Gruppe.
Jakob Apt wurde 1510 Aleister und starb 15180,
Ulrich d. J., der 1512 die Gerechtigkeit erhielt, ist
in den Akten bis 1520 nachweisbar").AATr von bei-
den den Rehlingen-Altar (Abb. 85 u.86) geschaffen
hat, kann vorläufig noch nicht gesagt werden.
i) R. Visclier, Studien zur Kunstgeschichte, Stuttgart 1886, p. 514 u. 566.
MO
dern ein hemmungsloser — echt spätgotischer —
Ausbruch des Schmerzes.
Auf Grund dieser charakteristischen Generations-
unterschiede kann nur der ältere Apt als Meister
der in Privatbesitz befindlichen Tafel in Frage
kommen. Für die Zuschreibung bieten sich aber
noch weitere Argumente an. Als ganz individuelle
Besonderheiten des Meisters seien hervorgehoben:
die gedrungenen Proportionen, durch die sich die
Gestalten sehr wesentlich von den Figuren der bei-
den jüngeren Meister unterscheiden, die eigentüm-
lich verkümmerten,durch flockig aufgesetzteLicli-
ter artikulierten Finger, für die man etwa die
Hände des linken Engels oder des Mohrenkönigs
im Louvre-Bilde vergleiche, der Baum mit den
scharf silhouettierten Zweigen und den in der be-
kannten Manier getüpfelten Blättern.
Eine nächtliche Landschaft von düsterer Roman-
tik. Grell heben sich die weißen Kämme der Wol-
ken von dem schwärzlichen Himmel, gespenstisch
leuchten die weißen Gebäude, in fahlem Licht
schimmert das grünlichgraue Gestein der Schädel-
stätte aus dem warmbraunen Rasen. Fahl auch
das Karnat des Leichnams, das sich mit dem Bro-
katkleid Magdalenas in das tonige Hell Dunkel der
Landschaft bindet. Der Alantei des Johannes von
gedämpftem, in den Schatten schwärzlichem Zin-
nober; das Gewand der Maria schwarz (stark ein-
geschlagen, ehemals wohl schwärzlichblau), das
Kopftuch von kaltem AVeiß, der Alantei der hinter
Alaria knienden Frau schwärzlichgrünlich. Der
dünne gußartige Schmelz, die feine Verschumme-
rung der Töne und das malerische Helldunkel wei-
sen wiederum entschieden auf den älteren Apt. Im
Rehlingen- und Universitätsaltar sind die Farben
energischer, zügiger und in größeren Flächen auf-
getragen.
Wir lernen hier den sonst so gemessenen Apt von
einer neuen Seite kennen. Die Darstellung über-
rascht durch den starken Ausdruck schmerzlicher
Erregtheit, durch die volkstümliche Drastik der
Alirnik und der Gebärden. Von jener phantasti-
schen, karikaturmäßigen Verzerrung des Aus-
drucks, wie sie etwa der ältere Breu hebt, hielt sich
jedoch der Meister fern; er war auch hier um Na-
turwahrheit bemüht, wobei er sich freilich mit
sichtlicher Freude an das Derbcharakteristische
und Häßliche hielt. Der knollige, rustikale Kopf
des Johannes ist bildnismäßig durchgeführt und
in dem proletarischen Gesicht Christi kommt der
Zustand des Todes so überzeugend zum Ausdruck,
daß man annehmen möchte, Apt habe im Siechen-
haus an einem Totenbette Studien gemacht.
Noch deutlicher als die übrigen erhaltenen Werke
zeigt diese Tafel, wie tief der Aleister in der Spät-
gotik wurzelt. Um aber seine entwicklungsge-
schichtliche Stellung richtig zu würdigen, darf
nicht vergessen werden, daß er älter als Holbein,
der Vater, war und daß er schon zu Anfang der
achtziger Jahre seine Kunst geübt hat. Schwerlich
hätte sich ein Alaler seiner Generation noch weiter
entwickeln können.
H.
Die Persönlichkeit des älteren Apt hat sehr stark
auf seine Schüler gewirkt. Länger als in anderen
Augsburger Werkstätten ist in der Aptschen nie-
derländischer Geist lebendig geblieben. Venezia-
nische Einflüsse, die für die Alalweise Burgkmairs
so bestimmend geworden sind, finden sich bei kei-
nem der Aleister, und idealisierende Tendenzen im
Sinne des älteren Holbein lagen ihnen durchaus
fern. Innerhalb der Augsburger Alalerei bilden die
AATrke des älteren Apt und seiner unmittelbaren
Gefolgsleute eine geschlossene Gruppe.
Jakob Apt wurde 1510 Aleister und starb 15180,
Ulrich d. J., der 1512 die Gerechtigkeit erhielt, ist
in den Akten bis 1520 nachweisbar").AATr von bei-
den den Rehlingen-Altar (Abb. 85 u.86) geschaffen
hat, kann vorläufig noch nicht gesagt werden.
i) R. Visclier, Studien zur Kunstgeschichte, Stuttgart 1886, p. 514 u. 566.
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