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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0276

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der Form'). Hier haben wir vor allem, was wir bei
den Bayern niemals sehen: das großartige Zusam-
menklingen von Ereignis und Landschaft.
Die Kunst Rueland Frueaufs d. J. erscheint auf
Grund dieses Bildes, das 1496 entstanden ist, als die
Vereinigungzweierkünstlerischer Filiationen").Die
Verbindung mit dem alten Frueauf und der Salz-
burger Malerei ist ja evident. Der Wiener Altar
von 1490/91 zeigt deutlich genug, woher der junge
Frueauf den großartigen Flammenschwung mo-
numentaler Form, die durch das Bild sausenden
Kurven und Kreisbogen hat. Der Zusammenhang
des Gethsemane vom Klosterneuburger Altar mit
dem des Wiener liegt auf der Hand. Ältere Werke
wie das Stifterbild des Prager Rudolphinums von
1483*') zeigen, woher die sorgsam geglättete und
vertriebene Malweise der Klosterneuburger Tafeln,
das leuchtende Email ihrer Farbigkeit stammt.
Vom alten Frueauf reicht die Verbindung weiter
nach rückwärts zu Pfenning und Konrad Laib, die
in ihrer mittelalterlichen Großartigkeit seiner Mo-
numentalität voraufgehen, deren Kreuzigungsbil-
der das des jungen zum Enkel haben. Ein Blick
auf die phantastische Formen weit der Komposi-
tion des jungen Frueauf genügt, um ihre innige
Verwandtschaft mit denen Pfennings und Laibs
zu erweisen'). Die Gruppe mit der ohnmächtigen
Maria läßt an ein noch älteres Werk denken: an
die um 1420 entstandene Kreuzigung eines öster-
reichischen Meisters in Wiener Privatbesitz, deren
Kenntnis wir Zimmermann verdanken (vgl. Bd. I
dieses Jahrbuchs).
Neben dieser Quelle von des jungen Frueauf Stil
steht eine andere. Schon Suida hat richtig beob-
achtet^), wie eng die Klosterneuhurger Kreuzigung
kreuzigung nahelegte.
2) Die 9 wurde bei einer Restaurierung in eine gotische verwandelt,
p Stiaßny, Aitsaizburger Tafelbiider. Jahrb. d. kh. Smigen. d. Ah.
Kh. 24, T. XVIII.
") Suida, a. a. 0. III 74.

mit drei Bildern von der Hand eines Wiener Künst-
lers um 1495 zusammenhängt: zwei Heiligenmar-
tern im Kunsthistorischen Museum und einer
Erbauung Klosterneuburgs in der Sammlung Fig-
dor. Baldaß hat mit Recht die Schulzugehörigkeit
des Malers zur österreichischen Wolgemutnach-
folge betont"), deren Hauptwerk die Altarfolgen
in der Galerie des Schottenstiftes sind. Der Mar-
tyrienmeister verwandelt nun die spröde, herbe
Sachlichkeit der österreichischen Wolgemutleute
in jene flackernde Beweglichkeit, die wir auf des
jungen Frueauf Frühwerk sehen, in jene phan-
tastische Unruhe, die sich mit dem Hereinbrechen
der neuen Zeit immer stärker steigert. Er ist einer
der glänzendsten Zeichner mit dem Pinsel. Die
Linien zucken, vibrieren, skizzieren und improvi-
sieren in den Figürchen des Hintergrundes. Und
vorne ist alles ein krauses Lodern und Flammen
(Abb. 189). Die rundlichen, dicken Köpfe von des
jungen Frueauf Bildern linden sich hier ebenso
vorbereitet wie die nervös schmalen und hageren.
Das vielteilig krause Flackerlehen — als ob die
Bildlläche in Flämmchen stünde —, das inner-
halb der mehr dem alten Frueauf kongenialen
großen Flammenkurven die kleineren Kompar-
timente der Klosterneuburger Kreuzigung durch-
pulst, feiert in diesen Bildchen Triumphe.
Der Martyrienmeister ist nicht der einzige, der
zeigt, welche Wege die Wolgemutnachfolge in
Österreich schließlich nahm. Er steht in einer
ganzen großen Gruppe, aus der nur einige bezeich-
nende, ihm besonders verwandte Beispiele heraus-
gegrilfen seien: der Meister der Votivtafel des Kon-
rad von Schuchwitz von 1490 in der Grazer Leech-
kirche'). Der Maler der ,,Sundheimer Tafeln",
eines Babenbergerstammbaums in Miniaturmalerei
auf Pergament (Klosterneuburg Stiftsbibliothek).
Der Maler zweier großer Flügel in Stift Seiten-
stetten: Mariae Verkündigung und Johannes vor
'') In dem zitierten Aufsatze 1922. Ferner in: Erwerbungen der Ge-
mäldegalerie des Kunsth. Museums 1920—23. Wien 1924. S. 14.
?) Suida, a. a. O. I 18.

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