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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0293

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Veranlagung in seiner schon in den neunziger Jah-
ren mannigfaltige künstlerische Anregung bieten-
den Vaterstadt nicht nur auf seinen Meister ge-
horcht haben. Die malerische Kultur des Meisters
der Augsburger Heimsuchung und Hans Holbeins
d. A., deren geruhiges und stilles Wesen ihm sonst
wenig gelegen sein mag, hat auf eine so starke
koloristische Begabung, wie Breu es war, sicher
gewirkt. Aber auch für die andere Seite von Breus
Veranlagung, für seine wilde, scharfe, ungebär-
dige Art der Charakterzeichnung, für die Turbu-
lenz seiner Bewegungsdarstellung gab es damals
in Augsburg eine anregende Persönlichkeit: jenen
hart und grell charakterisierenden ..Meister von
1477", aus dessen Werk Breu auf einer frühen
Tafel (Altar in Melk; Dornenkrönung) ein Motiv
verwendet und weiterbildet. Doch in einer Zeit
rascher und tiefgreifender Geschmackswandlun-
gen sind es weniger die Größen der älteren Gene-
ration, die den Ton für das junge Künstlerge-
schlecht angeben, als die genialen Bahnbrecher
aus der Mitte der Jungen — und für den jungen
Breu war neben Dürer wohl sicher der wenig
ältere, wenn nicht gleichaltrige Hans Burgkmair
der Mann, dem er vieles zu verdanken hat. Allein
— ihn einfach zum Jünger Burgkmairs stempeln
zu wollen, geht nicht an. Und die Frage ist durch-
aus berechtigt, ob nicht Burgkmair seinerseits von
dem stürmischen Draufgängertum seines Wegge-
nossen wenn nicht mitgerissen, so doch angeregt
worden ist. Jedenfalls sind die österreichischen
Altäre Breus (1500, 1501), die annähernd gleich-
zeitig mit den frühen Holzschnitten Burgkmairs
(1499—1502) und z. T. vor dessen Petersbasi-
lika (1501) entstanden sind, von einer Kraft,
Frische und Kühnheit, die den Gedanken an ein
unpersönliches Nachtrhtertum verwerfen lassen.
Was Breu im einzelnen von Burgkmair übernom-
men hat, ist schwer festzustellen, da zurzeit außer
dem noch anfängerhaften Gailerbildnis kein vor
1501 entstandenes Malwerk Burgkmairs bekannt

ist. Soviel ist sicher, daß zwischen dem Melker
Olberg von Breu (1502 [?]) und der gleichen Dar-
stellung auf Burgkmairs Peterbasilika, wie auch
auf andern frühen Bildern der beiden ein unmit-
telbarer stilistischer Zusammenhang besteht. Es
hat den Anschein, daß Breu, was die formale
Durchbildung und die Typik betrifft, von Burgk-
mair Anregungen empfangen hat, während das
Tempo seiner Bildsprache und der farbenfrohere,
leuchtkräftigere koloristische Vortrag einen durch-
aus persönlichen Charakter haben.
Aber Breu hat, bevor er im Österreichischen malte,
nicht nur Augsburger Bildtafeln gesehen. Die Frei-
zügigkeit der wandernden Malergesellen, die in
der großen, keimträchtigen Zeit der Jahrhundert-
wende neben den rasch kursierenden Bilddrucken
die eigentlichen Verbreiter und Verkünder des
neuen Geistes waren, erschwert dem Historiker
die Klarlegung der künstlerischen Wechselbezie-
hungen ungemein, zumal unsre Kenntnis der Fix-
punkte der Kunsttätigkeit, der wichtigeren Stadt-
schulen, noch sehr im argen liegt. Es muß auffal-
len, daß um 1500 im Lande Österreich wie plötz-
lich und —- allem Anschein nach — nicht als die
ausgetragene Frucht örtlicher Überlieferung eine
stattliche Anzahl von eigenartigen und wertvollen
Mal werken, erfüllt von jugendlichem Geist, ge-
speist von einem neuen Wirklichkeitssinn, be-
schwingt von einer wundervollen Kraft der Bild-
phantasie, geschallen wird. Franken, Schwaben
und Bayern treten auf. Um 1500—1502 malt hier
der Lechschwabe Breu seine Altäre für die öster-
reichischen Stifte, — 1501 sind ein Teil der köst-
lichen, juwelenhaft funkelnden Legendentäfelchen
des Passauers Rueland Frueauf d. J. geschaffen,
die in ihrer freien und weiträumigen Landschafts-
darstellung unter den gleichzeitigen Werken nur
von Dürers Landschaftsaquarellen übertroffen
werden, — 1502—1504 sind hier die blutvollsten
und markigsten Holzschnitte und Bildtafeln des
Oberfranken Granach entstanden. Ich glaube nicht,

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