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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0295

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Schwingen gelöst hatte, — ein geistreicher Beob-
achter und origineller Zeichner, jener Kupferste-
cher M. Z., der mit großer Wahrscheinlichkeit mit
Matthäus Zasinger identifiziert werden kann. Ich
würde ihn nicht erwähnen, wenn sich nicht in sei-
nen Stichen und Breus Frühwerk viele verwandte
Züge finden würden. Da es sich aber bei den Ar-
beiten Zasingers um Druckgraphik handelt, braucht
selbstverständlich kein persönliches Zusammen-
treffen der beiden in München angenommen zu
werden. Überdies ist bis jetzt keine vor 1500 ent-
standene Arbeit Zasingers nachgewiesen. Während
in München unter der Führung Polacks die spezi-
fisch spätgotische, dekorativ gebundene Richtung
der Tafel- und Wandmalerei noch lebenskräftig
fortwirkte, strebte man in L a n d s h u t ener-
gischer neuen Zielen zu. Hans Wertinger und der
Mair von Landshut geben den Ton an. Das 1495
gemalte Abendmahl Mairs (Freising, Domsakri-
stei), aus der Breu eine Figur für die Beschneidung
des Melker Zyklus verwendet, und die 1497 ent-
standene Legendentafel Wertingers (ebenfalls in
der Freisinger Domsakristei) geben einen Begriff,
welche wichtige Rolle damals Landshut innerhalb
der Gesamtentwicklung der oberdeutschen Malerei
gespielt bat. Als Maler waren die Landshuter den
Münchnern weit überlegen. Der „warmblütige Ko-
lorismus" des Mair mag Breu in seinen eignen
malerischen Absichten bestärkt haben.
Nachhaltigere Spuren hat die Kenntnis Passauer
hzw. Salzburger Bildtafeln im Frühwerk Breus
hinterlassen. Als Breu nach Österreich zog, wirkte
Rueland Frueauf, der Alte, der lange Zeit in Salz-
burg tätig war, wieder in Passau —- 1497 tritt er in
einer Passauer Urkunde als Zeuge auf — und seit
1497 erscheint sein Sohn Rueland Frueauf als Pas-
sauer Bürger^) - Für die Vermutung, daß Breu, wie
rund ein Dutzend Jahre später Albrecht Altdorfer,
') Die Bedeutung Passaus für die Entwicklung der oberdeutschen
Kunst um 1500 wird in der Rege! unterschätzt. Es geht m. E. nicht
an, den Passauer Rueiand Frueauf d. J. einfach für die österreichische

seinen Weg über Passau, die Donau entlang, und
nicht über Salzburg nahm, spricht Folgendes.
In Salzburg waren in diesen Jahren die Tiroler
Mode geworden. Michael Pacher starb 1496 über
der Arbeit am Hochaltar der Franziskanerkirche
weg, 1494 und 1499 wird Marx Reichlich in Salz-
burger Urkunden erwähnt; tirolische Anklänge
fehlen in den frühen Werken Breus, während er
im Landschaftlichen sichtlich in manchen, wenn
auch nicht entscheidenden Zügen von dem jungen
Frueauf angeregt erscheint. Natürlich ist es kein
notwendiger Schluß, daß Breu die Maler in ihren
Werkstätten aufgesucht hat, da die beiden Frue-
auf die österreichischen Stifte und Kirchen ausgie-
big mit Altären beliefert haben und Breu die
Werke irgendwo auf der Fahrt gesehen haben
kann. Aber die Wahrscheinlichkeit besteht doch,
daß ein junger wandernder Gesell die Quellpunkte
der künstlerischen Produktion aufgesucht hat.
Am Anfang des Breuschen Werkes stehen die
kürzlich von Otto Benesch ihrem Meister zurück-
gegebenen Bernhardslegenden, die das Flügelpaar
eines Altars in Zwettl schmücken. Sic tragen das
erstaunlich frühe Datum 1500 und gehören zu den
künstlerisch stärksten, entwicklungsgeschichtlich
wichtigsten deutschen Malwerken der Zeit. Unbe-
irrt von geläußgen Bildrezepten sind die thema-
tisch ausgefallenen Legenden mit prachtvollem
Schwung und sprudelnder Phantasie erzählt. Den
mächtigen Ruck nach vorwärts, den die Zwettler
Szenen entwicklungsgeschichtlich bedeuten, de-
monstriert ein Vergleich der Breuschen Bern-
hardslegenden mit den etwa ein Jahrzehnt vorher
gemalten Benediktsgeschichten Thoman Burgk-
mairs im Augsburger Stephanskloster. Das kühn
aufgebaute, groß wogende Schnitterbild zeugt von
einer seltenen Frische, Ursprünglichkeit und Präg-
nanz der Bilderfindung. Da Benesch die Zwettler
Tafeln in diesem Bande veröffentlicht und ein
gehend würdigt, gehe ich auf das Werk nichl
näher ein.

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