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Buchner, Ernst [Hrsg.]
Augsburger Kunst der Spätgotik und Renaissance — Augsburg, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.28869#0500

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schwarzes Bild — und, so deutlich an manchen
Orten die Entwicklung zum Unternehmertum gro-
ßer Werkstätten führt, so ist doch der Unterneh-
mer nicht der entscheidende Typus des Künstlers
in der ausklingenden Spätgotik. Gewiß ist damals
in Deutschland die soziale und gesellschaftliche
Stellung des Künstlers beengter und drückender
als in Italien, aber das rechtfertigt nicht, auf Grund
der bekannten Briefstelle Dürers, die Lage der
deutschen Künstler so trostlos hinzustellen und die
deutliche Entwicklung zu einer gewichtigeren und
angeseheneren Position des Künstlers zu über-
sehen. Künstlergestalten wie Dürer, Baidung, der
im Rat von Straßburg eine angesehene Stellung
einnahm, Granach, der gerühmte Hofmaler und
Ereund Luthers, Altdorfer, der Ratsherr und Stadt-
haumeister, Erasmus Grasser, Burgkmair, Strigel,
Jörg Kölderer, Urban Görtschacher stellen einen
neuen Typus des deutschen Künstlers dar, der sich
keineswegs mit dem Begriff des Unternehmers
deckt. Es wäre eine dankbare Aufgabe gewesen,
das Werden dieses neuen Typus zu verfolgen und
seine eigenartige Mittelstellung zwischen zunft-
mäßiger Gebundenheit und freier, selbstherrlicher
Entfaltung zu zeichnen.
Was über die Art der Arbeitsweise in den Werk-
stätten gesagt wird, scheint mir deswegen nicht
bündig, weil die spezifische, immer aus einer indi-
viduellen Wurzel treibende Eigenart des künst-
lerischen Schaffens, das jeder Mechanisierung und
Kapitalisierung widerstreitet, zu wenig beachtet
ist, weil künstlerisches Schaffen eben von Grund
aus ein anderes Handwerk ist als der Pfefferhan-
del und die Schneiderei. Ein Altar von Pacher ist
so aus einem Guß, durch einen Willen, mit so
unerhörter Kraft der Konzentration zur Einheit
geformt, wobei sich alle Mitarbeiter wie selbstver-
ständlich unterzuordnen haben, daß hier der Hin-
weis auf die Arbeits- und Geschäftspraktiken des
Unternehmers wenig angebracht erscheint. Mag
man immerhin bei Altären, deren Meister nicht die

Kraft und Begabung zur diktatorischen Beherr-
schung ihrer Gesellen besitzen, etwa bei Wolge-
mut, die künstlerische Einheit oft vermissen, so
geht es doch nicht an, diese Fälle zu verallgemei-
nern — und die f ührenden Meister mit den Leuten
zweiten und dritten Ranges gleichzusetzen. Dabei
liegt der Fall ,,Michael Wolgemut" keineswegs un-
entwirrbar verknäuelt, sobald man erkannt hat,
daß weder der Hofer Altar (München) noch der
Peringsdörfersche Altar aus der Wolgemutschen
Werkstatt stammen.
Ausführlich wird die im Lauf des 15. Jahrhunderts
fortschreitende Trennung der Arbeitsgebiete inner-
halb der Zunft geschildert, wobei namentlich in
oberdeutschen Städten als nicht seltene Ausnah-
men Fälle von Doppelzünftigkeit angeführt wer-
den. Leider erweisen sich in dieser Hinsicht die
oft unpräzisen und dehnbaren Zunftsatzungen und
Ratserlasse als wenig ergiebig für die kunsthisto-
rische Forschung. Gerade auf die wichtige Frage,
ob aus der Doppelzünftigkeit eines Meisters auf
eine Doppeltätigkeit als Maler und Schnitzer, Kist-
ler und Bildhauer geschlossen werden kann oder
ob hier nur wirtschaftliche oder zunftrechtliche
Gründe für die Erwerbung der Doppelzünftigkeit
maßgebend waren, bleiben uns der Verfasser und
die Urkunden die Antwort schuldig. Aus der ange-
zogenen Urkunde (Anm. 137) auf die Doppeltätig-
keit Hans Burgkmairs zu schließen, geht keines-
falls an.
Die übertriebene Skepsis des Verfassers gegen jede
Stilkritik läßt ihn zu keiner festen und klaren Be-
urteilung der Doppeltätigkeit spätgotischer Künst-
ler kommen. Wenn auch eine stattliche Reihe von
Meistern in den Urkunden als Maler und Plastiker
angeführt werden, so bleibt doch alles unsicher
und fragwürdig, wem! das Auge diese Nachrichten
nicht überprüfen kann. Glücklicherweise liegen die
Fäden gar nicht so verhaspelt und verwirrt. Ein
Künstler von eignem Wuchs und schöpferischer
Kraft wird seine Eigenart der Tafel und dem Bild-

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