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Carrière, Moriz
Die Kunst im Zusammenhang der Culturentwickelung und die Ideale der Menschheit: [ein Beitrag zur Geschichte des menschlichen Geistes] (Band 3, Mittelalter ; Abt. 2): Das europäische Mittelalter in Dichtung, Kunst und Wissenschaft — Leipzig, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.33537#0224

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210

Das Mittelalter.

der Malerei in glatten Flächen, die Außenwände sind hier und da
mit Blendarkaden verziert, häufiger aber ist die dem sichtbaren
Materiale des Backsteins so gemäße Gliederung durch Lisenen, die
vom Boden anfsteigend die Höhenrichtung anssprechen und unter
dem Gesims durch Bogenfriese miteinander verbunden werden. Die
Fassade entbehrt des Thurms, sie steigt mitunter als einfacher
Giebelbau empor, sodaß dessen Eckpfeiler die Höhe der Seitenschiffe
überragen, was schon ein bedenklicher Schritt zur Scheinarchitektur
ist; anderwärts aber, wie z. B. in San Zeno zu Verona, erheben
sich die Pilaster die das Mittelschiff einrahmen über die schräg sich
anlehnenden Linien des Daches der Seitenschiffe, und so haben wir
eine klare Symmetrie, einen regelmäßigen Wechsel senkrechten und
schrägen Aufstrebens und Sichzusammenneigens, bis beide im Gie-
belpnnkt der Mitte ihr Ziel finden; über dem Portal und unter
dem Giebel prangt ein herrliches Rundfenster, die Rose der Fas-
sade. Pavia und Modena zeigten noch schwerfällig primitive Kraft;
in Parma, Borgo, San Donnino, Verona ward sie zu edler an-
muthsvoller Größe durchgebildet. Die lombardische Weise verbin-
det sich in Dalmatien mit der Pisanischen', und die Dome von Zara,
von Trau sind vorzügliche Beispiele wie der romanische Geist sich
unter der Nachwirkung der Antike maßvoll reich entfaltet.
In Spanien drang das Christenthum erst in der zweiten Hälfte
des 11. Jahrhunderts wieder siegreich gegen die Mauren vor. Der
Eroberung von Toledo, Tarragona, Saragossa folgte das Bestre-
ben den Triumph des Glaubens mit imposanten Kirchenbanten zu
feiern. Die Baumeister kamen aus dem benachbarten Frankreich;
der Pfeilerban, zuerst das Tonnen-, dann das Kreuzgewölbe, ein
einfacher Grundriß, der die Ouerfläche des Kreuzes nach außen
häufig gar nicht hervortreten läßt, ein Thurm auf der Vierung
erinnern deutlich an Frankreich, dessen Gothik bald auch herüber-
wirkt, die romanischen Grundformen lockert und statt maurischer
Ornamente zu einem glänzenden Uebergangsstil führt. Den Con-
structionen mangelt die originale Frische und die aus dieser quellende
Mannichfaltigkeit. Nachdem die erste Einfachheit, die San Jago
de Compostella zeigt, verlassen war, spielte die Phantasie in prunk-
vollem Schmuck ans der gegebenen festen Grundlage. Segovia,
Barcellona, Salamanca, Benevente, Siguenza, Tarragona, Le-
rida, Saragossa zeigen alle ihren GlanbenSeifer in erhaltenen Denk-
malen.
Ich erinnere daran daß ich bei dieser großen Mannichfaltigkeit
 
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