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Carrière, Moriz
Die Kunst im Zusammenhang der Culturentwickelung und die Ideale der Menschheit: [ein Beitrag zur Geschichte des menschlichen Geistes] (Band 3, Mittelalter ; Abt. 2): Das europäische Mittelalter in Dichtung, Kunst und Wissenschaft — Leipzig, 1872

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https://doi.org/10.11588/diglit.33537#0317

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Die Arthursage.

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folgende Periode bildet, in welcher zunächst die Byzantiner ihn
aufnahmen und ihm morgenländische Erzählungen gesellten. So
begegnet uns namentlich im Apollonins von Tyrus derselbe bunte
Seenenwechsel, die abenteuerlichen Geschicke in Trennung und
Wiederfinden. Die Kreuzfahrer brachten ihn und ähnliche Werke
nach Haus, und sie kamen dem neuen Geschmacke an den kelti-
schen Sagen entgegen, sie fanden mannichfachen Nachhall. Das
gemeinsame Thema bildet ein glückliches Gattenpaar; aber Mann
und Weib werden auseinandergerissen, die Kinder von Löwen,
Wölfen, Adlern geraubt oder von Mönchen, von Kauflenten auf-
gezogen, bis sich endlich alle ans unerwartete Weise glücklich
Wiedersehen. Eine solche Erzählung schlug ans einen der ersten
Normannenfürsten von England nieder und ward von Chreticn
von Troies in seinem König Wilhelm besungen. Im deutschen
Volksbuch vom Kaiser Octavian, in der Legende von Eustachius,
im guten Gerhard, in der englischen Dichtung vom Grafen Isam-
brace von Savoyen haben wir das Grundmotiv in mannichfachen
Variationen. Der christliche Sinn macht Trennung und Leid zur
Sühne übermüthigen Glückes oder zur Prüfung, bis das Heil
verdient und nun dankbar demüthig genossen wird.

Die Arthursage.
In der Karlsage hat die religiöse Begeisterung, in der
Alepandersage der Drang nach den Wundern der Ferne und die
Thatentust der Krenzzüge sich abgespiegelt; aber auch alle jene
persönlichen Gefühle der Tapferkeit, der Ehre, der Liebe, das
weltliche Ritterthum mit seiner höfischen Sitte und seinem Minne-
dienst verlangten nach poetischer Darstellung und fanden nach-
dem Geiste der Zeit ihr symbolisches Abbild in der Arthnrsage.
Auch hier gewinnen wir einen Einblick eigenthümlicher Art in das
organische Wachsthum des Epos. Mythologisches und Geschicht-
liches verschmilzt miteinander; im Vaterland der Sage waltet das
Nationale, das Geschick des Volks vor; im Ausland aber tritt
dies dann zurück und wird nur znm Rahmen innerhalb dessen
die Sänger ausführen was der fortschreitenden Sitte und den
 
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