Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Carrière, Moriz
Die Kunst im Zusammenhang der Culturentwickelung und die Ideale der Menschheit: [ein Beitrag zur Geschichte des menschlichen Geistes] (Band 3, Mittelalter ; Abt. 2): Das europäische Mittelalter in Dichtung, Kunst und Wissenschaft — Leipzig, 1872

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33537#0310

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
296

Das Mittelalter.

kürlichen Erfindungen dichterischer Einbildungskraft. Kirchliche
Stoffe und die Alexandersage wurden in Spanien gleichfalls be-
handelt. Auf die Romanzen werde ich in der Folge und im
Vergleich mit englischen, dänischen, deutschen Volksballaden zarrück-
kommen, da die meisten gleichzeitig mit diesen im 15. Jahrhun-
dert die Form empfingen in welcher sie erhalten sind. Hier sei
noch erwähnt daß Alfons der Weise in der Mitte des 13. Jahr-
hunderts die Wissenschaften, namentlich die Sternkunde im An-
schluß an die Araber pflegte, und durch die von ihm veranlaßte
Bibelübersetzung wie durch seine Gesetzbücher die kraft- und klang-
volle Prosa in der spanischen Literatur begründete, das Castilia-
nische zur Schriftsprache machte.

Antike Stoffe in romantischem Gewände.
Prägt sich im Rolandslied das christliche Heldenthnm der
Krenzzüge symbolisch ans, so spiegelt sich der Zug in die Ferne,
die Eroberung des Orients von Europa aus in der Alexander-
nnd Troianersage, während das Volk selbst die Geschichte des
ersten Krenzzngeö so ansbildete daß sie später den bereiteten Stoff
für Tasso's Kunstepos bieten konnte. Wir sind der Dichtung
welche die Geschichte des großen Macedoniers umsponnen hat
schon wiederholt im Morgenlande begegnet, bei Mnhammed, bei
den Inden, bei Firdnsi. Eine gemeinsame Quelle für sie wie
für die abendländischen Dichter bildet der griechische Roman des
Kallisthenes, eine Sammlung und Erweiterung der Mythen und
Märchen die sich seit den Thaten und dem Eindruck des Helden
ans die Phantasie der Völker theilö neu gebildet, theils ans ihn
niedergelassen. Ein Südfranzose, Alberich von Besancon, um
l140 Mönch in Clugny, wird als Vorbild und Quelle von dem
deutschen Pfaffen Lamprecht genannt, der (um 1180) ihm nach-
dichtete. Von einem Lambert li Tors ist eine andere französische
Bearbeitung begonnen, von Alexander von Bernay abgeschlossen;
von ihr soll der bekannte Vers mit sechs Hebungen den Namen
des Alexandriners führen. Hier schloß wieder der Spanier Inan
Lorenzo Segnra de Astorga sich an, während noch vor Ablauf
 
Annotationen