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Das Mittelalter.
Reinheit zurückgeführt, der weltlichen Macht und Pracht entkleidet
zur Demuth des Herrn bekehrt werden müsse. Sein Wort ver-
hallte; von seiner Zeit verlassen starb der Held des Jahrhunderts
in tragischer Einsamkeit.
Mönchthum und Ritterthnm, fanatischer Glaubenseifer und
ketzerische Freidenkerei, Rechte, Freiheiten, Richtungen, Staaten
im Staat, so war damals das Mittelalter ein Nebeneinander
mannichfacher Elemente, an ihrer Spitze das Papstthnm und das
Kaiserthnm. Die großen Päpste, die zuerst die Unabhängigkeit der
Kirche mnthig erkämpften, dann aber die Welt beherrschen woll-
ten, die tapfern Kaiser, welche die Freiheit des Weltgeistes ver-
theidigten und erstritten, sie waren die Führer der Geschichte, die
Werkzeuge der sich sortentwickelnden Ordnung der Dinge. Gre-
gorovins sagt vortrefflich: „Die mittelalterliche Welt war ihrem
Ideal nach ein vollkommenes kosmisches System, dessen Zusam-
menhang und Einheit, ja selbst dessen philosophischer Gedanke
unsere Gegenwart zur Bewunderung zwingt, weil die Menschheit
dies ausgelebte System noch nicht durch eine gleich harmonische
Verfassung hat ersetzen können. Als eine in sich abgerundete
Sphäre hatte jene Welt zwei Pole, Kaiser und Papst. Die Ver-
körperung der die damalige Menschheit leitenden Principien in
diesen beiden Weltfiguren wird ein ewig staunenswürdiges, ein
nie mehr wiederholbares Erzeugnis der Geschichte bleiben. Sie
waren wie zwei Deminrgen, zwei Geister des Lichts und der
Macht, in die Welt gesetzt jeder seine Sphäre zu regieren und zu
bewegen, Schöpfungen des sich fortsetzenden, im Medium irdischer
Nothwendigkeit getrübten Cultnrgedankens des Christenthnms, und
dessen schöne Strahlenbrechung. Indem der eine die bürgerliche,
der andere die geistliche Ordnung darstellte, der eine die Erde,
der andere den Himmel vertrat, entstand dieser erhabene, die
Menschheit bildende, die Jahrhunderte erfüllende und zusammen-
haltende Titanenkampf, eins der großartigsten Schauspiele aller
Zeiten."
Das Kaiserepos der Hohenstaufen verklang in wehmüthigen
Balladen von dem Jüngling Konradin, von Manfred, dem König
und Sänger, der Blume schöner Männlichkeit, herrlich im Hel-
dentod; gegen den Wahn der Priester der ihn verdammte rief Dante:
Wem sie geflucht ist noch nicht so vernichtet
Daß nicht die ewige Liebe retten könnte
Den Geist der hoffend sich emporgerichtet.
Das Mittelalter.
Reinheit zurückgeführt, der weltlichen Macht und Pracht entkleidet
zur Demuth des Herrn bekehrt werden müsse. Sein Wort ver-
hallte; von seiner Zeit verlassen starb der Held des Jahrhunderts
in tragischer Einsamkeit.
Mönchthum und Ritterthnm, fanatischer Glaubenseifer und
ketzerische Freidenkerei, Rechte, Freiheiten, Richtungen, Staaten
im Staat, so war damals das Mittelalter ein Nebeneinander
mannichfacher Elemente, an ihrer Spitze das Papstthnm und das
Kaiserthnm. Die großen Päpste, die zuerst die Unabhängigkeit der
Kirche mnthig erkämpften, dann aber die Welt beherrschen woll-
ten, die tapfern Kaiser, welche die Freiheit des Weltgeistes ver-
theidigten und erstritten, sie waren die Führer der Geschichte, die
Werkzeuge der sich sortentwickelnden Ordnung der Dinge. Gre-
gorovins sagt vortrefflich: „Die mittelalterliche Welt war ihrem
Ideal nach ein vollkommenes kosmisches System, dessen Zusam-
menhang und Einheit, ja selbst dessen philosophischer Gedanke
unsere Gegenwart zur Bewunderung zwingt, weil die Menschheit
dies ausgelebte System noch nicht durch eine gleich harmonische
Verfassung hat ersetzen können. Als eine in sich abgerundete
Sphäre hatte jene Welt zwei Pole, Kaiser und Papst. Die Ver-
körperung der die damalige Menschheit leitenden Principien in
diesen beiden Weltfiguren wird ein ewig staunenswürdiges, ein
nie mehr wiederholbares Erzeugnis der Geschichte bleiben. Sie
waren wie zwei Deminrgen, zwei Geister des Lichts und der
Macht, in die Welt gesetzt jeder seine Sphäre zu regieren und zu
bewegen, Schöpfungen des sich fortsetzenden, im Medium irdischer
Nothwendigkeit getrübten Cultnrgedankens des Christenthnms, und
dessen schöne Strahlenbrechung. Indem der eine die bürgerliche,
der andere die geistliche Ordnung darstellte, der eine die Erde,
der andere den Himmel vertrat, entstand dieser erhabene, die
Menschheit bildende, die Jahrhunderte erfüllende und zusammen-
haltende Titanenkampf, eins der großartigsten Schauspiele aller
Zeiten."
Das Kaiserepos der Hohenstaufen verklang in wehmüthigen
Balladen von dem Jüngling Konradin, von Manfred, dem König
und Sänger, der Blume schöner Männlichkeit, herrlich im Hel-
dentod; gegen den Wahn der Priester der ihn verdammte rief Dante:
Wem sie geflucht ist noch nicht so vernichtet
Daß nicht die ewige Liebe retten könnte
Den Geist der hoffend sich emporgerichtet.