EHEMALS MICHELSTADT • STADTKIRCHE
197
Fig. 125. Michelstadt, Stadtkirche. Grundriss mit Fensterschemata. Maßstab 1:300.
Harmonie und Stimmung des Raumes ist durch solche Geschmacklosigkeit in widerwärtiger Weise vernichtet«8. Auch
die Fenster blieben nicht verschont. Schon 1733 war von dem Michelstadter Superintendenten Schneider angemahnt
worden, dass die Kirchenfenster gemacht werden müssten, womit er die - in der Folge positiv beschiedene - Frage
verband, ob nicht zu Erlangung nöthigen mehreren Lichtes die obere steinerne Kreuselwerk in denen Bogen weggethan
werden solle9. Als es dann schließlich 1748 zur Hauptreparation der Kirche kam, wurde - nach dem Vorschlag des Er-
bach-Fürstenauischen Hofpredigers Meyer - die gantze Kirch [...] mit neuen Fenstern, ein einiges ausgenommen, ver-
sehen [...], welche wenigstens 120 Flügel ausmachen, und auch das Maßwerk in den Fenstern von Chor und Langhaus
wurde im Zuge dieser Wiederherstellung des Baues wohl größtenteils ausgebrochen10. An Glasmalereien scheint die
Kirche danach allein jene sechs Rechteckscheiben mit Wappen der Vorfahren des Gräflichen Häuf es Erbach bewahrt
zu haben, um die Graf Franz I. zu Erbach-Erbach sich im September 1804 bemüht und die er bis zum Jahr 1805 auch
erhalten hatte, wobei das Pfälzische Wappen [...] durch böse Buben mitlerweile so destruirt worden [war], daß es nur
durch die Geschiklichkeit des gefälligen Mahlers H(errn) C. Kehrers [...] wieder hergestellt werden kon(n)te (s. Reg.
Nr. 16, pag. 383, sowie Reg. Nr. 39)11.
Nach der Überlieferung von Karl Morneweg (1910) müssen die sechs Scheiben, bevor sie um 1805-1807 in den Rit-
tersaal des Erbacher Schlosses eingebaut wurden, generell »große Lücken« aufgewiesen haben, was sich am Befund
zur Erhaltung leicht nachvollziehen lässt. Die Fehlstellen wurden durch den Glaser Johann Michael Hegeney und den
erwähnten Maler Christian W. K. Kehrer geschlossen, wobei deren Ergänzungen - so wiederum Morneweg - »nur
im Odenwald, in: Beiträge zur Erforschung des Odenwaldes und sei-
ner Randlandschaften, I, Breuberg-Neustadt 1972, S. 67-74, hier S. 71;
Krebs 1991, S. 43-47.
5 Seeliger-Zeiss 1967, S. i6of. sowie S. 192, Nr. 16.
6 Es handelt sich um qualitativ herausragende Arbeiten des Bildhauers
Michael Kern (1580-1649). Vor dem Achsenfenster steht das Epitaph
für Graf Johann Casimir von Erbach (f 1627), vor dem Fenster auf der
Chornordseite das Epitaph für Graf Friedrich Magnus von Erbach
(f 1618). Zu diesen Arbeiten s. Scholz, Odenwaldkreis, 2005, S. 178!.,
Nr. 267, und S. i86f., Nr. 279.
7 Diehl 1935, S. 36-42; Bernbeck 1910, S. 37.
Schäfer 1891, S. 167.
9 Vgl. Diehl 1935, S. 39L
D Vgl. abermals Diehl 1935, S. 41E Letzteres ist aufgrund der Be-
schreibung von Schäfer 1891, S. 164, 167, zu vermuten. Vgl. hierzu
auch Krebs 1991, S. 36, 39.
H Zu den seit dem frühen 19. Jh. getroffenen Restaurierungsmaß-
nahmen an der Kirche, die hier nicht mehr zu referieren sind, vgl. Ge-
org Wickop, in: JberDpflGH 2, 1908-1911, S. 98, bzw. 3, 1910-1913,
S. uif., Diehl 1935, S. 42-45, und Otfried Rau, 500Jahre Stadtkirche
Michelstadt, in: Michelstadt - 500 Jahre Stadtkirche (Rathaus- und
Museumsreihe 9), Michelstadt 1991, S. 59-83. Siehe auch Anm. 1.
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Fig. 125. Michelstadt, Stadtkirche. Grundriss mit Fensterschemata. Maßstab 1:300.
Harmonie und Stimmung des Raumes ist durch solche Geschmacklosigkeit in widerwärtiger Weise vernichtet«8. Auch
die Fenster blieben nicht verschont. Schon 1733 war von dem Michelstadter Superintendenten Schneider angemahnt
worden, dass die Kirchenfenster gemacht werden müssten, womit er die - in der Folge positiv beschiedene - Frage
verband, ob nicht zu Erlangung nöthigen mehreren Lichtes die obere steinerne Kreuselwerk in denen Bogen weggethan
werden solle9. Als es dann schließlich 1748 zur Hauptreparation der Kirche kam, wurde - nach dem Vorschlag des Er-
bach-Fürstenauischen Hofpredigers Meyer - die gantze Kirch [...] mit neuen Fenstern, ein einiges ausgenommen, ver-
sehen [...], welche wenigstens 120 Flügel ausmachen, und auch das Maßwerk in den Fenstern von Chor und Langhaus
wurde im Zuge dieser Wiederherstellung des Baues wohl größtenteils ausgebrochen10. An Glasmalereien scheint die
Kirche danach allein jene sechs Rechteckscheiben mit Wappen der Vorfahren des Gräflichen Häuf es Erbach bewahrt
zu haben, um die Graf Franz I. zu Erbach-Erbach sich im September 1804 bemüht und die er bis zum Jahr 1805 auch
erhalten hatte, wobei das Pfälzische Wappen [...] durch böse Buben mitlerweile so destruirt worden [war], daß es nur
durch die Geschiklichkeit des gefälligen Mahlers H(errn) C. Kehrers [...] wieder hergestellt werden kon(n)te (s. Reg.
Nr. 16, pag. 383, sowie Reg. Nr. 39)11.
Nach der Überlieferung von Karl Morneweg (1910) müssen die sechs Scheiben, bevor sie um 1805-1807 in den Rit-
tersaal des Erbacher Schlosses eingebaut wurden, generell »große Lücken« aufgewiesen haben, was sich am Befund
zur Erhaltung leicht nachvollziehen lässt. Die Fehlstellen wurden durch den Glaser Johann Michael Hegeney und den
erwähnten Maler Christian W. K. Kehrer geschlossen, wobei deren Ergänzungen - so wiederum Morneweg - »nur
im Odenwald, in: Beiträge zur Erforschung des Odenwaldes und sei-
ner Randlandschaften, I, Breuberg-Neustadt 1972, S. 67-74, hier S. 71;
Krebs 1991, S. 43-47.
5 Seeliger-Zeiss 1967, S. i6of. sowie S. 192, Nr. 16.
6 Es handelt sich um qualitativ herausragende Arbeiten des Bildhauers
Michael Kern (1580-1649). Vor dem Achsenfenster steht das Epitaph
für Graf Johann Casimir von Erbach (f 1627), vor dem Fenster auf der
Chornordseite das Epitaph für Graf Friedrich Magnus von Erbach
(f 1618). Zu diesen Arbeiten s. Scholz, Odenwaldkreis, 2005, S. 178!.,
Nr. 267, und S. i86f., Nr. 279.
7 Diehl 1935, S. 36-42; Bernbeck 1910, S. 37.
Schäfer 1891, S. 167.
9 Vgl. Diehl 1935, S. 39L
D Vgl. abermals Diehl 1935, S. 41E Letzteres ist aufgrund der Be-
schreibung von Schäfer 1891, S. 164, 167, zu vermuten. Vgl. hierzu
auch Krebs 1991, S. 36, 39.
H Zu den seit dem frühen 19. Jh. getroffenen Restaurierungsmaß-
nahmen an der Kirche, die hier nicht mehr zu referieren sind, vgl. Ge-
org Wickop, in: JberDpflGH 2, 1908-1911, S. 98, bzw. 3, 1910-1913,
S. uif., Diehl 1935, S. 42-45, und Otfried Rau, 500Jahre Stadtkirche
Michelstadt, in: Michelstadt - 500 Jahre Stadtkirche (Rathaus- und
Museumsreihe 9), Michelstadt 1991, S. 59-83. Siehe auch Anm. 1.