Wie Fommt es, daß nach Furzer Frift die AWujter wieder mehr
und mehr der Architeftur fich unterordnen? Prüfen wir eim:
mal ernithaft, mas das Eigenthlimliche und £obenswerthe an den
beften enalifchen CTapeten ift. SZunächft finden wir beftätigt,. daß
‚jede nene Technif nene Sormen und Sarbenwirkungen wecdckt,
: An Stelle des Leimdruckes fehen wir dDurchfcheinenden Oeldruck,
Diefer ift eigens o abweichend gemifcht, daß er wie ein Ge:
— rimfel von helleren und dunkleren Cönen doch einheitlich wirkt.
Befkanntlich. befteht der Zauber der orientalifchen CTeppiche eben:
— falls in dem Spielen der einzelnen Sarben, während unfere
erakfter gearbeiteten Knüpfteppiche Ddiefen Reiz entbehren. Der
Feineswegs angenehme Eindruck des Leinıfarbenbreies, der ge:
trodnet auf dem Papier FHebt und fehr leicht ftaubig abbröckelt,
ijt. alfo bei der enaliichen CTapete vermieden. s Fommt hinzu,
daß fehr dikes, {hweres Papier uns als WMandbekleidung wärmer
und fomit der hohe Preis berechtigt er{cheint. Auch fpielt die
arößere Breite der Rollen und die dadurch ermöglichte größere
Seichnung eine befondere Rolle bei der CTaration. Ian beachte,
daß die Zeichner bisher gebunden waren, die dankbarften Effekte
auf Slächen 3zu erfinden, die nur 47 cm breit und 36 bis 60 cm
Höhe haben. SGanz großgezeichnete Blumen, Ddie fajt Ddie ganze
Breite einnehmen, waren nicht erlaubt. Diefe Fonnten erft in
Srage Fommen, als große Slächen 3zur Derfügung {f{tanden.
Das, was ein unftreitig hochbegabter Seichner wie Walter
Erane als wirflih Nenes und als Sortfchritt nun auf Ddiefen
größeren Slächen geboten hat, haben die Lobredner des eng-
‚Jifchen Stiles sans phrase nicht herausgefunden. Walter Erane
hat ideell wicder aufgeweckt, daß die Tapete *zu uns fprechen,
. h. daß fie an den Mänden uns ebenfo fchöne wie poetifch-
inhaltreiche Sormen bieten fol. Das ift verdienftlich. Die Frage
bleibt vorerft offen, ob er diefes Hdeal erreichte. Sein zweites
Verdienft ift, daß er als Zeichner mehr mit führenden Linien
als mit Sarbenflächen wirfen wollte.
Das Auflöfen von Naturblumen m. Schnörkel, das Süllen
des Hintergrundes mit allerlei Xebenlinien trat an die Stelle
der plaftijchen ANaturfopie. Diefje Kühnheit überrafchte. Selbft
erfahrene Seichner mußten zugeben, daß neue Effekte und An-
regungen‘ vorhanden waren. Zu tadeln ift, daß das Malerifche
und WNaturaliftifche {o fehr Selbfizwec wird, daß man mit folchen
WMuftern nur Korridore oder Hotelzimmer {chmückt, in denen die
Tapete nicht Yinteragarund für edle Kunfiwerke fein f{oll.
Die deutfche Kunft fängt nicht ftets von vorn an, fondern
baut StocwerF auf Stokwerk. Sie nimmt Baufteine in Carrara
oder in SGriechenland, aber fie modelt fie deutfch um. Der
ndividualismus hat feine Grenze, wenn in der Architektur die
WMeifter des Kunftfachwerfes Harmonifches erzielen follen.
Ytan lerne wieder die BGefege der Ornamentik verftehen,
man Deforire {o, daß die Wände und SGeräthe wieder eine
Sprache der Schönheit reden und nicht nur eine Anhäufung von
Schnörfeln und B3lumen find. Der Dornehme in der Gefinnung
ver{hmähe das Billige und Schlechte und Ausdruckslofe. Darin
mögen die Kulturftaaten wetteifern, und dann wird der deutfchen
Kunft ebenjo wie der griechifchen eine führende Stellung
ficher feim.
Berlin. — Die Sifte der Wenerwerbungen für die ver-
{hHiedenen Abtheilungen der Königlighen Mnfeen in dem
zweiten Dierteljahr 1896 i{ft erfreulicherweife recht zahlreich. Die
Semälde-Sallerie ermarb durch CTaufch gegen ein ausgefchiedenes
Magdalena. Die fehr Harafkteriftifche Urbeit im entwickelten Stil des
Meijters war bis vor einigen XSahren in Paris, früher in englifchem
Privatbefig. Serner wurde die Sammlung vermehrt durch den Ankauf
_ eines Fleinen, befonders feinen und {ftimmungsvollen Gemäldes von
S3afob van Ruisdael. Das aus der früheren Zeit des Meifters ftammende
Sewitter und ift mit dem befannten Monogramm Ddiefer Periode be-
— z3zeichnet.. — Die Sammhmg der Bildwerke aus der Ariftlidhen
Eypoche wurde durch einige werthvolle 5umenbungen bereichert. Durch
Schenfung des Geheimen 3uftr5 Raths Leffing Fam in Ddie 2lbthetlung
der dentjhen Skulptüren eine Statne des heiligen Stephan. Die in
— Holz gefchnigte, dreiviertel lebensgroße Figur, deren alte Dergoldung
‚ aund Bemalung vortrefflih erhalten i{t, rährt von dem fränkifchen Bild-
{Aniger Cilman Riemenfchneider her. Die reihe Sammlung von Werken
der ungenannt zu bleiben wünfcht, vergrößert werden um ein Feines
— bemaltes Madonnenrelief ans Stuck, das nach der Nebereinftiimmung
mit dem vom Hahre 1428 datirten Stuckrelief im Mufeum zu Orxford
der früheren Seit des Meifters angehören dürfte, Gleichfalls als SGe:
{chenfe murden überwiejen 16 ttalunqd;e Plafetten und neben einigen
anderen Arbeiten der Kleinplaftik eine herbe, aber ansdrucksvolle und
energifjhe Ehriftusftatuette, die als eine der wenigen erhaltenen HMeinen
Brouzegüffe der Slorentiner Kunft aus der Zeit um 1380 von befonderem
hiftorifchen Interefjfe ift. — Das Antiquarium wurde durch zahlreiche
Yenermerbungen für die Dafen-, Terrakotten: und Bronze- Ybtheilung
bereichert. ferner wurden Ddie Bron5en und Terrakfotten nengeordnet;
diefelben vrrbleiben, wie bisher, in dem erjten Saal des Antiquariums,
wurden aber Überfichtlicher anfgeftellt. Der Hildesheimer Silberfchas
‚wurde einer tU1eberherfte[lung unterzogen, da ber]e[be ohne Sefahr für
‚ die Erhaltung der einzelnen Stücke niht länger in dem defekten Zu-
jtande belafjen werden Fonnte, in dem er gefunden wurde.
S — Die Begrunbung eines Denfmal-Archivs mit Hülfe der
; Fomghd;en meßbd0an"tvlt in Berlin hat zur Zeit berarhge Sort{hritte
gemacht, daß von 320 Bauwerfen nahezu 5000 große AWegative nach
dem wiffen|haftlihen Derfahren des Geheimen Bauraths Dr. Meyden-
bauer vorliegen. Der preußifche Staat hat nach dem über diefe Anftalt
vorliegenden Berichte über 200 000 Mark zur Sörderung der Denkmal-
aufnahme hergegeben. Die Meydenbauerfhen Aufnahmen haben neuere
dings vortrefflihe Unterlagen gegeben für die Wiederherftellung der
Dome zu Meg, Worms und Freiburg, für die Deröffentlihung der Wart-
burg und des 5d;lofies Hallftein bei CEhur, für die SFeftlegung des
Theodorichgrabmals in Ravenna und vieler anderer Denkmäler. Den
preußifchen Univerfitäten ift je eine Sammlung von etwa 130 Stüc der -
wichtigjten Anfichten deutfcher Banudenkmäler als ganz neues Unterrichts-
material überwiefen worden. Sedes Yahr werden außer den fortlanfen-
den Arbeiten in Herftellung von Zeihnungen für die Denkmalspflege bis
jeßt etwa 400 Anfnahmen mit den vom Abgeordnetenhaufe bewilligten -
Mitteln von durchfchnittlich 18000 Mark jährlich hergeftellt. Die Meß:
bildanfnahmen fämmtlicher wichtiger Banuwerfe Denifchlands würden
in einigen menigen Zimmern Plag haben. Zur Zeit finden in einem
Raum von 4,75 x< 5 Meter in der alten Bau-Akademie nach der jegßigen
Anordnung 12000 Originalnegative pIaß, alfo die Ergebniffe von noch
weiteren 30 _3ahren Urbeit, wenn nur in bisheriger Weife fortgefahren
wird.
— Cunailons Ymazone, der edelfte plaftiihe Schmuck der Berliner
Kunftausftellung, i{ft vom Staat für die NWationalgalerie angekauft
worden für den preis von 60000 Mark. Tuaillon, der feit 3ahren
in Rom Tebt, ift ein geborener Berliner.
Zeipzig. — In legter Zeit find wieder einige fehr nambarte Er:
werbungen für die Sammlungen des Kunftgewerbemufeums
gemacht worden: eine Schale von Kupfer mit getriebenem Ornament aus der
Barokzeit und ein italienifjher Ledereinband aus der Zeit um 1600.
Der ftarf gewölbte Xeib der Schale wird von einer Reihe von ovalen
Rahmen gegliedert, die von ftarf gebogenen, afanthusartigen Blättern
Darüber
zieht fih eine breite Blättergnuirlande hin. Die Unterfeite des Bodens
ziert der Doppeladler. Unter dem ftark norfpringenben Rande zieht fich
die Snf{chrift herum „Suft und KXieb 3zu einem Ding macht alle Mühe _
und Arbeit gering. Anno 1670.“ — Der italienifhe Einband ift von
rothem m.xroqum und mit fehr fauberer Goldpreffung dekorirt. 5wxfdwn
breiten, in»Halbfreifen gelegten Bändern ift feines Rankenwerk em