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Deutsche Kunst: illustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen ; Centralorgan deutscher Kunst- u. Künstlervereine — 1.1896/​1897

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Nr. 26 (27. März 1897)
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Preis vierteljährlih 5,— Mart,
für die Mitglieder der Runftz und
Rünftler - Dereine 2,— Marf,

Poftzeitungslifte Yr, 1174, ;



Alle 8 CTage erfheint eine Nummer,
anferate
Foften 40 Pfennige für die 4 gefpaltene
Nonpareille-Zeıle,


vereins in Deffan, des Württembergijchen Kunftvereins in Stuttgart,

des Runfivereins für das Großherzogthum Heffen in Darmftadt, des Anhaltifhen Kunfta



I. Zahrgang,


\ @ vielen, felbit den Landfchaftsbildern, etwas von der
Oual der Staffelei an. Der Staub Sder Werfftatt
O und die Befhränktheit des gefhloffenen Raumes athmet
uns aus ihnen entgegen. Mnd die Plein-air- oder VDollluft-
und Freilicht-Maler bringen auch nicht immer die Erlöfung. Es
giebt — Lyrifer des Pinfels, aber es giebt — auch unbeilbare
Profaiften, und die Profa war es, die uns anbing, die Profa
_ einer eingeengten . Weltanfhaunung,
— JO habe gefagt, die Sezeffion hatte Recht und hat es
vielleiht nodhh auf Iange, Sie hat nur nidht das Recht, fih zu
ifoliren. Sie war und ift eine Reaktion gegen den Styl der
‚ belletriftifdhen Wochenblätter, Ddie . das Verdienft haben, den


Weltwinfeln und Ofeneden aufzufuchen und
ganz allmäblich, obne idm weh zu thun, 3u erweden, feinen
Blid zu erweitern. Daß diefer Holzfchnittftil. — fo wie er jeßt
nod) fidh darftellt — auch die Malerei umflammerte, war ein


mit Liebe, nicht mit Bitterfeit und Cynismus,


des Stils entrathen wollen. Es ift ein Gewaltatt, gegen den
man {fich wehren darf, wenn das Rind mit dem Bade aus-
gefchüttet und wir gezswungen werden follen, nun auf den bloßen
Jmpreffionismus uns zu verlaffen, \

Halbblinde Herren von der äußerften Decadence, die viel


erfcheint, Wie nun, wenn fie felbit an theilweifer fFarbenblindheit
leiden? Der Maler ift ein Dichter. Er follte ein Gärtner fein,
nicht aber ein Botanifer, Sein Ziel ift die Wiedergabe einer
Yiaturempfindung. Der Stimmung gerecht zu werden, muß
er vielfad die fFarbe opfern, mit welcher die Siftfrüchte prunfken.
Die Farbe ift ein Accident, die fehr häufig mit dem Wefen der
Dinge - nichts zu thun hat, „It’s all in your eye“, fagt der
Engländer, wenn er Jemandem andenten will, daß er mit feinen
Jmpreffionen allzu aufdringlidh mwird. Dazu gebört auch die
Dorliebe für Lieblingsfarben. „Mein Schaß hat’s Brün fo
gern‘, beißt's im Liede, und Marktwaare für Liebhaber diefer
AUrt ift ftets maffenhaft vorhanden, au vornehmere farben zu


Sinnober find ftarf vertreten. Bilder für den „Salon“ werden



OÖbwohl
— verwandt wie Buffard und Ubu, vertragen fie fich mit einander
[ ebenfo fchlecht wie diefe Dögel. Die Naivetät des Runftwerfs’

1

gebt bei jedem Hinblit auf einen hauptfäclich Fonventionellen .

Hwed verloren. MUnd das ift wohl der BGrund, weßhalb die

Sfizze fo häufig das danach ausgeführte Bild an Wirkfamtkeit .
‚ übertrifft. n ‚ . .
Rüdfehr 3zur Natur! „Homely scenes and healthy

‚national feeling‘, ein gefundes National- und Heimathsgefühl
empfiehlt der durch die Ausartungen der Präraphaeliten erfhrecdte
Engländer feinen Malern, Jn diefem Sinne, nicht in Sem von -
allen Dorausfeßungen losgelöften Doktrinen des Rouffean follte
diefe alte Regel zur Anwendung gelangen, fonft endet man im
füßlidhen Jdpll. fFindet doch Ddie Malerei ohnebin in der
Bequemlichfeit einer i1öyllifchen Umgebung fo oft ihr Capua,
— Bier giebt fie fih dem naiven Anfchauen hin, das ihrem Wefen
am meiften entfpricht, aber nicht ihr Ziel ift. Wer im Muttere-
I’ auge der idm Nahrung gebenden Natur nichts fiebt als eben. die
Yiahrung, fteht nicht auf der Höhe der Kunft. 2

Diefe, Yiahrung ift vielgeftaltig, für Rörper, Beift und-
Bemütbh, ' S

Wie fehn’ ih midh nadh Dir Zidtur‚
Didh tren und lieb zu fühlen! .
fingt Göthe. Und es ift wohl bezeichnend, daß Siefer große

fid) ganz der Landfchaftsmalerei oder der Dichtiunf mwidmen
folle, Er entfchied fih für diefe, Er war nicht Maler genug,
um aud) in der Malerei das fein zu Fönnen, was er mit innerftem
Herzen war, ein Dichter, Er hätte vergeblidh mit dem Material,
der Farbe, gerungen. Sie hätte ihn bemeiftert, Er hätte in
ihr, wie ichh oben fagte, fein Capıua gefunden und deßhalb mied
‚er fie und wählte fid ein anderes Vehikel. Und diefe Infuffisienz
der Farbe, au den Jdeen gerecht zu werden, ift S, WAS Öas
Ceben fo vieler na Böherem firebenden Adepten des Dinfels
fo unbefriedigend geftaltet.
Rurz und gut, die fFarbe ift nicht das Alleinfeligmachende,
; Die farbe ift etwas fehr Subjektives. . Die „Nene Mufikzeitung“
brachte jüngft einige Ausfprüche der Sängerin Melba, die ihre
| Wohnung durhweg rofa und olivengrün ausfiattet. „Wir find“,
fagte fie, „alle mebr oder minder auf eine fFarbe. geflimmt, deren
Schwingungen am beften mit denen unferer Seele übereinftimmen,
‚ Ja, iq glaube fogar, daß gewiffe. Farben mit dem Rlange
| unferer Stimme beffet harmoniren als andere. Bei Sibil

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