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Deutsche Kunst: illustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen ; Centralorgan deutscher Kunst- u. Künstlervereine — 1.1896/​1897

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Nr. 41 (10. Juli 1897)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55168#0487

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Dreis vierteljährlih d3,— Marfk,
für die NMitglieder der Runft- und
Rünftler = Dereine 2,— Mark,

Poffzeitungslifte Nr 1174



UAlle 8 Tage erfcheint eine Yummer,
Znferate
toften 40 Pfennige für die 4 gefpaltene
‚ Honpareille-Zele,




Ur, 41,


I. Iahyaana,




einen gegenfeitigen VDergleih der gegenwärtigen

Strömungen in ihr gewinnen fönnen, Der Urfprung
diefer fällt in die Zeit des technifhen Auffhwungs und FInüpft
f{ih an den Yamen Semper’s; auf ihren. Fortgang nahmen be-
deutenden -Einfluß einerfeits, wenigjtens foweit Deutfches in
Betracht Fommt, der deutfch-franzöfifhe Rrieg, andererfeits das
Ingenieur- und Mafchinenwefen unferer CTage.

Yiun ift nad) Semper jedes technifche Produkt, jedes Artefakt,
formal beftimmt durch den Stoff und den Zwed, Beide erheben
das technifche Werf noch nicht zum Runfiwerf; Sie Werkform
ift noch) nicht die Runftform. Anders der Materialismus: er
Läßt die Formenwelt ausfchließlidh aus Fonfirukftiven und ftofflidhen
Bedingungen entfiehn. Jhm tritt gegenüber die Zurücführung
der Fünftlerifchen Formenwelt auf das Bekfleidungs- oder Ver-
zierungswefen, deffen Formenfprache alfo, im Lauf der Zeit zu
ungebeurem Ffünftlerifchen Reichthum entwicelt, ein bloßes Artefakt
U Runjiwert erhebe, Sioff un Zwer jind der ftels
wechfelnde Jnhalt, das technifch-erfinderifche Prinzip in der Bau-
Funit;
biftorifch-Fonventionelle Prinsip.

Ausfcohließliche Hervorfehrung eines diefer beiden Prinzipien
— gefährdet die Baukunft; die des hiftorifch-Fonventionellen Form-
prinzips verfnöchert Jie, die ‚des technifch-erfinderifchen benimmt
ibr das Rünftlerifche. Uns modernen Menfchen ift das innere
Wefen einer baumecdhanifch gefundenen Ronfirukftion nicht ver-


fundener „Stil‘“ allein angemeffen. Wir find „hiftorifch
geworden‘ und Fönnen uns von der Macht Ddiefes Faktors gar
nicht ernfilich frennen. ür frankfreih und Amerika ift jener
architeftonifche Materialismus begreiflich,
Baufunft in der Ronftruktion fucht, Losfagung von allem über-
wundenen Alten predigt u f. w. Leider blieb anudh Deutfchland
von diefem Materialismus und dem ihm getren verbündeten
Rosmopolitismus nicht verfhont. Zum Glüc erftarfte die Ban-
Funft unter dem Einfluß. unferes nationalen Rrieges, indem man
anfıng, deutfhe Eigenart, deutfhe Dergangenheit mit Bewußtfein
fünftlerifch zu fiudiren und gegen den KRosmopolitismus den
{pezififchen Dolfscharakter des Deutfhen zu wahren.


_ gewärtigen,





betrachtung unter öem Titel ,, Architertonifhe Strömungen am
Ausgange des Jahrhunderts‘*,
Jahrgang der Zeitfchrift „Das Leben‘“ (Wien und Leipzig) ver-
Es handelt fihH um Ausführungen, die der

{tebhen; t ja doch das fehnfüchtige Warten auf einen neuen Auf-
{Owung der Architeftur und fogar auf einen nenen Stil geradezu
Ihon BGemeingut der „wWeitejlten Rreife‘“ geworden.

jfih aber au um Ausführungen. nicht eines Tagesfchrift«


Theorie und didaktifhen wie literarifchen Praris ftebht,

berechtigt ift. }
Wenn wir fuchen, zu diefen Ausführungen Stellung 3u—


auf ein Ausfpielen von Standpunkt gegen Standpunkt anfommen,
als auf ein Erproben des vorhin Sfizzirten.
— Wir hören, der Materialismus in der ercb1teftur Fennzeichne


und der andere, der Hwed, „aucdh“ „rein utilitarer Yatır“ jei.
Damit haben wir aber fchon nicht bloß Materialismus, fondern
Ntilitarismus, Nüßlichkeitsridhtung; diefe Richtung mag ja etwas
nocdh fo tadelnswerthes fein — mit dem Materialismus identifch
ift fie nod) lange nicht.

Wenn wir nun audh von eiwaigen Bedenken gegen eine.
Bleichfeung des Bekleidens und des Verzierens abfehen, fo ift
doch das nicht nebenfächlichh, daß Siefes fo fehr als das
Bleibende und demnadh Hiftorifch - Ronventionelle, hingegen der
Jnhalt, das Technifch-Erfinderifhe, als das Wechfelnde hingeftellt

wird. Zwar erfolgt die Wandlung eines jeden foldhen Faktors
allermeiftens recht allmälig; aber der formale Weg etwa vom
dorifhen bis zum gothifhen Rapitäl erforderte doch ein recht
tüchtiges Ausfchreiten, und andrerfeits geht der inhaltlihe Fort-
{ohritt etwa von CTumulus zur Rathedrale audy nidht im Laufs
fhritt, Eindringlih wird von unferm Gfthetifchen Ydealiften vor
der Störung des Gleihgewichtszuftandes der beiden Prinzipien,
nämlich der Form und des Ynhalts, des Ruhenden und des Be-
wegten, gewarnt. Eine foldhe Störung fcheint uns aber, da wir
jenen Gleidhgewichtszuftand nicdht fo auffaffen Fönnen, vielmehr
dann einzutreten, wenn das Fortfchrittstempo des einen Prinzips
 
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