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Deutsche Kunst: illustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen ; Centralorgan deutscher Kunst- u. Künstlervereine — 1.1896/​1897

DOI issue:
Nr. 22 (27. Februar 1897)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55168#0259

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Kunft.



Preis vierteljährliH 3.— Martk.
für die Mitglieder der Runft- und
Rünftler » Dereine 2,— Mark, .

Poftzeitungslifte Yr 1174



Alle 8 Tage erfcheint eine Nummer,
anferate
Foften 40 Pfennige für die 4 gefpaltene
- Nonpareille-Zeıle.


Mr. 22.

I. Inahrgang,



. °% Ceui'getungen von ausübenden Rünftlern über ihre Runft

C haben ftets den Charakter eines Dokumentes, durdh
jä? weldes mir in die Lage verfeßt werden, in den
. Werdegang und die Entftehung ihrer Werke Einblit zu

— gewinnen. YMlicht nur der Standpunkt, welchher von Seite der Rünftler
zu den Afthetifhen. Aufgaben ihrer Runft eingenommen erfcheint,
fondern auch die Art und Weife, wie fie rein technifcdh es zuwege
bringen, ihre Yntentionen auszuführen, findet hierbei feine Er-
Tänuterung.

Jm Allgemeinen find äun]tler äußerft farg mit Erörterungen
über ihre eigene Runft, fo Sdaß Sdie Mitwelt nur auf DVer-
muthungen angewiefen ift. Tritt aber eine befondere Fünftlerifche
Eigenart an die Oeffentlichkfeit, wie es bei Segantini der Fall
ift, fo ift es begreiflich, daß fFragen aller Art auftauchen, die
nur durch den Rünftler felbft beantwortet werden Fönnen. Einen
Yolden Fall. betrifft die merfwürdige Außere Erfheinung Sder
Bilder des genannten Malers, weldhe von der landläufigen Art
ganz und gar abweicht, und deßhalb die Frage, warum er fo
anders als andere malt, berechtigt erfcheinen Läßt.

Aus den bezüglichen Diskuffionen der Runfireferenten greifen
wir die. fehr facdhgemäße bheraus, welche Dr. fr. Carftanjen
(Zürih) über. Segantini’s Technik in der Schweizerifhen
KRundfhan 1896 (VI. Seite 482) giebt: „„Diefe ift.eine ganz
eigenartige, nur ‚bei Segantini anzutreffende, von ihm felbft
erfundene;. fie erfcheint als eine unendlih mühfame Mofaikarbeit,
indem jedes Bild zufammengefeßt erfheint aus FfMeinen pastos
nebeneinander gefeßten, verfchieden nuancirten Farbiftrichen, fFarb-
fäden fo zu fagen, Sie jedesmal zwifchen fidh eine FMeine Rille
Iaffen. Dennoch ift die Gefammtoberfläche alatt und erfcheint
wie mit dem Spachtel polirt, der aber nidht fo fharf auf-


Aauszufüllen. €s wäre das eine Mialerei, fo Fomplizirt und
mübhevoll, daß zur Herftellung eines Bildes mittlerer Größe eine
fohier unermeßlidhe Zeit nöthig wäre.

Segantini erreicht dabei mit allen feinen Bildern eine Yature


dabei der Wahrheit ungemein nahefommende, und fhon auf ganz
furze Diftanz fließen die Einzelheiten feiner Pinfelführung. in
einem einbeitliden Gefammtton zufammen. MWäre nun feine
Technit die oben angenommene, unendlichh Fomplizirte, fo wäre
‚es Ffaum glaublidh, wie er 3u Ddiefer Einheitlichkfeit fFommt,
‚ohne bei der Detailarbeit die Neberficht über öas Ganze zu
‚verlieren.“

Außerdem wäre es zu Feinlich, fo führt Dr Carftanjen
weiter aus, und angefichts der großen Wirfung von. Segantini’s


er nacdh einer Erflärung der Technik fucht, welcdhe einen größeren
Zug in fih trägt, denn der Gedanke daran, daß die Arbeit
diefer Bilder eine fo mühevolle wäre, Fönnte einem die Freude
an Segentini vergällen. Das peinlihe Aneinanderfügen falt
oleich großer farbenfirihelungen über die ganze Malfläche hätte
etwas fehr Unfünftlerifhes an fih; man Fönnte jedoch, bei dem
meift parallelen Derlauf der Strichlagen, durch ihr fharffantiges Ab-
gefektfein gegen einander, und vor allem durdh die unbezweifel-
bare Dünnflüffigfeit der nuancirenden Farbfiridhe zu der Anficht
gelangen, der Rünfiler fei gerade umgekehrt zu Wege gegangen.
Er bereite fich, genan im anfcb[ufi an Sdie. auf die Leinwand
aufgetragene fcharfe Zeihnung, je eine didfe Farbfchicht, blan für
den Himmel, weiß für die Schneeberge, grün für die Almen und
innerhalb diefer wieder für jeden befonderen Gegenftand in deren
Brundton. vor, und frage dann mit einem fharffantigen In-
{fezument alle auf feinen Bildern fichtbaren Rillen und Ver-
tiefungen heraus, um dannı das eigentlidhe Malen auf diefe Höcker,
in ö1efe Rillen mit ziemlih dünnflüffiger farbe zu beginnen.

An obigem Sinne find die Ausführungen des genannten
Runftbiftorifers gehalten und. wurden in der Abficht veröffentlicht,
um Sen Rünftler zu veranlaffen, entweder diefe Darlegung : 3u
beftätigen 0der aber zu berichtigen. Das Lektere gefhah aud) Don
Seite Segantini’s in anerfennenswerther ®ffenbe1t durch Der-
‚fendung eines Briefes, weldhen Dr. Garftanjen gelegentlich eines
Vortrages über den Rünftler in den Räumen des Züricher
Rünftlerheimes, das eben eine Sonderausftellung von deffen Werken
yeranftaltete, zur Mittheilung brachte,

Durh das freundlihe Entgegenfommen des ßurn
Dr. Carftanjen find wir in die Lage verfeßt, den erwähnten
Br1ef bier anfügen. zu Fönnen; Sderfelbe ift von Maloja (Engadin),
27. Juni 1896 datirt und entba[t nacd einer furzen, in deutfcher
Sprache gehaltenen Entfhnldigung den italienifch gefchriebenen
Tert, welcher hier in Meberfegung gegeben fei:

„Beehrter. Herr,
Jbrem Wunfche entfprechhend, antworte ih auf Jhren ‘2[rtxfel
welcdhen ich gelefen, und in welchem icdhh viele fehr 1ntet-
efjante Stellen gefunden habe, Aber wo Sie meine Malweife
und das Warum meiner Technif erflären wollen, ift er nicht
genan, Jo male fo einfadhh und naturgemäß, daß ich es /
mir einfacher, naturgemäßer und freier nicht denfen fann.

Was farben und Leinwand betrifft, . 1o bediene ich. mich

folcher der Firma Lefranc m. Romp in Paris; meine

Palette ift auch die einfachfte, die man fih vorzuftellen

..'flve1maq und, von Farben (gebxaucbe ih),nur die, haltbaren
 
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