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Deutsche Kunst: illustrirte Zeitschrift für das gesammte deutsche Kunstschaffen ; Centralorgan deutscher Kunst- u. Künstlervereine — 1.1896/​1897

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Nr. 43 (24. Juli 1897)
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https://doi.org/10.11588/diglit.55168#0511

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Preis vierteljährliH 5,— Mark.
Jür die Mitglieder der KRunft- und
Rünftler = Dereine 2,— Marfk,
Poftzeitungslifte Yr, 1174,



‚Ulle 8 Tage erfheint eine Nummer,
. Ynferafte C
Foften 40 Pfennige für die 4 gefpältene

; Nonpareille-Zeule.


&es Kunfivercins für das Großherzogthum Beffen in Darmftadt, des Anhaltifben Kunfte


Ur, 43,


I Iahragang. 7


ém Ral. Rupferftichfabinet zu Dresden ift die Öritte Viertel-
‚ jabhrausftellung eröffnet worden. Sie hat die japanifchen
Jarbendruce zum SGegenftande, an denen das Dresdener
Rabinet einen in Deutfchland einzig daftehenden Reich-
thum Dbejißt. .

Der japanifche Holzfchnitt ift vielleicht. älter als der deutfche,
hat aber mit diefem wvieles in der Entmwiclung der Technik
gemein, Der primitive Schwarz-Weißdruc ift aud) in Japarı
der urfprüngliche gewefen. Rünftlerifhe Bedentung erbhielt er erft
gegen die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts, als man anfıng.
die Holzfchnitte zu Foloriren. Gerade mwie die deutfchen BHolz-
fhneider, fo pflegen aucdh die japanifchen ihre beften. Gedanken
in den Zeichnungen zu den Schnitten niederzulegen, die darum
für die japanifhe Runft von gleidhem Werthe wie die Werke von
Dürer und Bolbein für die Seutfche Renaiffance find. Don
gewaltigem Umfhwung mwar es für die Technik, als etwa 1734
Yifhimura Shigenaga den Zwei- und Dreifarbendtuck. in. Grün
und Rofa erfand, der dann von. allen Rünftlern angewendet
wurde, Die Dollendung in der Technik führte Harunobu (1765)
herbei, der den in Bezug auf die Zahl der Holzftöce völlig un-
befchränkften Buntdruc erfand.ı Jm unferem Jahrhundert fchuf
Hofufat (1759—1849) für Sdie Malerei und für den Holzfchnitt
einen felbjtändigen naturaliftifhen Stil, den wir an Blättern
aus feiner Nangma, einer vierzehnbändigen Sfhizzenfammlung,
fennen lernen, und insbefondere für die japanifche Landfchaft
einen modernen Stil, wie die vielen Mappen mit Anfichten des
Berges Fujt zeigen. Diefer Rünftler ift für die occidentale Runft
— von weitgehender Bedentung, weil er und feine Schule in Franfk-
reich anuf den. Jmpreffionismus, befonders auf Manet, nicht ohne
Einfluß blieben.

‚Jm Dresdener Rupferftichtabinet find von den frübheren


hunderts ausgeftellt, Die bereits ermähnten bahnbrechenden
— Rünftler find ebenfo wie andere Holsfchneider, unter denen die
Torti-Schule in Vedo hervorzuheben ift, Surdh mehrere Blätter
‘yertreten. Das begeifterte Lob, weldes man der japanifchen
Malerei (cf. Muther, Gefchichte der Malerei im 19. Jahrhundert,
6, 2, Rap. XXXIL) gefpendet hat, verdient auch der Farben-
dru volllommen. Die Technik. ift, wie die Ylätter der Aus-
ftellung zeigen, von der größten Akfurateffe, was bei den vielen
zur Berftellung eines Drudes nöthigen Platten beachtenswerth ift.
— Die Zeidhnung ift bei den Rünftlern durchgehend ficher und
elegant, Der Japaner geht freilich nicht wie der OÖccidentale
von der menfhlichen, unverhüllten Rörperform bei feinen Studien

aus, überhanpt felten vom Detail, fondern er faßt die Gefamt-


malerifche Wirfung. Der Rörper zeigt Öaher meift, ebenfo wie
der Ropf, eine ftiliftifihe Behandlung und wird durch die breiten,
malerifchen falten der Gewänder verdect.
der leßteren wird peinlich gearbeitet und das Beiwertk nie vernach-
läffigt. Jnhaltlich, fehlt den Holzfchnitten , freilih Ser Zug ins
Broße, jene Bedankentiefe, die wir an den Meiftern der deutfchen
Renaiffance, an Dürer und Holbein, bewundern. ‚ Der japanifche
Rünftler ift mebr objeftiv als fubjektiv veranlagt. Die treue
und wahre Wiedergabe der Natur, oft in einfachen Ausfhnitten, -
ift fein ernftes, Bemühen. Dabei ift. fein Darftellungsgebiet ein -
umfangreiches und gerade diefes intereffirt vom fulturgefchichtlichen
Standpunkte die Befucher der Ausftellung am Mmeilen.

‚ Wir erblifen hier Anfichten von Tempeln (fo Yr. 56 des
Ausftellungsfataloges), von dem Haufe eines vornehmen Japaners.
Leßtere Darftellung ift in ihrer Ausführung, Föftlih. Sie ift die


die Behaufung eines reihen Japaners, Es ift Abend und


foll gefeiert werden und gefhäftig find Perfonen, die hier Mänfe-
Föpfe tragen, mit den Dorbereitungen befchäftigt, während der
Brautzug bereits naht. . Andere Darftellungen, deren Jnhalt dem

alltäglihen Leben entnommen ift, find zahlreich. Ein junges

Mäddhen fchreitet graziös dahin und trägt auf einem Tabouret

einen Brieffaften (30), eine andere fchreibt mit dem Ylute ihres-
feinen fingers in eine Schriftrolle (31). An moderne deutfche
Illuftrationen erinnert „„Der entdeckte Liebesbrief‘. Ein alter
Ranufmann. bält Gericht über fein Töchterlein, das den Yrief
gefchrieben, und den neben ihr ftehenden Commis — ein. Ylatt
von Föftlihem Humor (47). Beide Blätter aber- übertrifft die
„Singftunde“ von Utämaro (43). Ein Raufmann. fingt- feiner..
Befangslehrerin ein Lied vor, das fo fhanrigefhön ift, daß
feine binter ihm bodenden Diener fich vor Angft die Obhren zu-
halten. Jn anderen Ylättern find mit befonderer SDorafalt


dargeftellt. Grazie der BHaltung und Eleganz . der Toilette ift-
den Frauen eigen. Die befondere Vorliebe des Japaners für
das Theater wird durh die häufigen Darftellungen von Schau-


die Franenrollen von Männern gefpielt werden, als Heldinnen,


feßtgebalten und der Name des Stückes, der Rünftler Ar einer,
Cafel innerhalb des Bildes vermerft. Yn diefen Darftellungs-
 
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