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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,1.1918

DOI Heft:
Heft 2 (2. Oktoberheft 1918)
DOI Artikel:
Hagen, Maximilian von: Kulturpolitik als Wissenschaft: Bücher der Zeit 12
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https://doi.org/10.11588/diglit.14375#0069

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Glücklicherwcise ist diesem Standpunkt von amtlicher Seite öffentlich ent-
gegengetreten worden. Hatte der gegenwärtige Staatssekretär des Reichs-Kolonial-
amtes, Dr. Wilhelm Solf, 'schon in dem ausgezeichneten Sammelwerke „Deutsch-
land und der Weltkrieg", das auch heute noch das beste Buch der gesamteu Welt-
kriegsliteratur gcnannt werden muß, in einem besonderen Aufsahe Grenzen und
Ziele der gegenwärtigen und künftigen deutschen Kolonialpolitik durchsichtig und
überzeugend dargestellt — ein Aufsatz, der durch weitere Ausführungen Solfs
in der Kolonialnummcr der „Süddeutschen Monatshefte", des „Neuen Deutsch-
land" und der (Leipziger) „Illustrierten Zeitung" eine lesenswcrte Ergänzung
fand —, so hat der inzwischen im Druck erschienene, seinerzeit viel besprochene
Vortrag des gleichen Autors über „Die Lehren des Weltkrieges sür unsere Kolo-
nialpolitik" (Heft 85 der Politischen Flugschriften-Sammlung „Der deutsche
Krieg") die Meinungsverschiedenheiten der Marine-Politiker und der Kolonial-
Politiker über unsere koloniale Zukunft einer nochmaligen Amtersuchung unter-
worfen. Die jetzige Veröffentlichung jener offiziellen Kundgebung, die im Mai
(9(6 im Saale dcr Berliner Philharmonie veranstaltet wurde, ist um so dankens-
werter, als sie auch dokumentarisch den Treibereien ein Ende macht, die vou
einem Teile der deutschen Presse gegen falsch verstandene Ausführungen Solfs
veranstaltet wurden. Besonders Graf Reventlow uud seiue Anhäuger, die sich
den Federkrieg gegen alle auf eiuen Verständigungsfrieden abzielenden Versuche
zur Aufgabe gemacht haben, sahen in der von Solf noch vor Srklärung des ver-
schärften Anterseebootkrieges angestellten Berechnung, ob eine Kolonialpolitik
auch ohne Veherrschung der Meere möglich sein werde, eine neue Gelegenheit
zur Propagierung ihrer Parole, daß eine solche Kolonialpolitik von Englands
Gnaden abhängig und darum unuütz sein werde. Daß diese Auffassung den
Idecn Solfs grundsätzlich zuwiderläuft, gcht aus dem wortgetreuen Nachdruck
seines Philharmonie-Vortrages unwiderleglich hervor. Zum Aberfluß hat die
Deutsche Kolonialzeitung (in ihrer Ianuar-NnMmer des Iahrganges (9(8) fest-
gestellt, daß, wie auch jeder Zuhörer bestätigen kaun, Wortlaut und Nieder-
schrift jencr Rede mit dem gegenwärtigen Abdruck gerade in diesem Punkte
vollkommen übcreinstimmen.

Danach hat Solf folgendes betont: „Gelingt es uns nicht, die Frage der
Seegeltung nach unseren Wünschen zu regeln, so ist damit, entgegen der Mei-
nung der Zweifler, trotz alledem unserer Kolonialpolitik keineswegs das Todes-
urteil gesprochen. Das bedeutet keiue Kolonialpolitik von Englands Gnaden.
Nicht nur Deutschland, sondern auch andere Staaten besihen überseeische Kolo-
nien, ungeachtct der Seeherrschaft Großbritanniens. Glaubt jemand, daß die
Vereinigten Staaten von Amerika, daß Frankreich und Italien, daß Holland
oder Iapan auch uur daran denken, ihre Kolonien aufzugeben, weil ihre Flotten
allein für sich nicht mächtig genug sind, das Meer zu beherrschen?"

Die ganze Pressekampagne gegen Solfs Vortrag, die zur Antergrabung
unserer gesamten kolonialpolitischen Tradition geführt haben würde, wenn sie
Oberwasser behalten hätte, wäre also überflüssig gewesen, hätte man den wieder-
gegebenen Passus nicht absichtlich übersehen oder mißdcutet. Denn einmal hat
Solf mit jener, dem Staatsmanne geziemenden Reserve einer möglichen Ent-
wicklung des Anterseebootkrieges und der daraus folgenden Aussicht auf eine
Schwächung der englischen Seeherrschaft keineswegs vorgegriffeu. Sodann hat
er im Bewußtsein der zu erwarteuden Angriffe von seiten der ausschließlichen
Marine-Politiker — gcgen die erst kürzlich Hans Delbrück in seiner „Wider den
Kleinglauben" betitelten „Auseinandersetzung mit der Vaterlandspartei" (Iena,
(9(8) vortreffliche Gcgengründe geltend gemacht hat — jedes Argument gegen
die von ihm bcrechnete schlechteste Lösung, die der aktive Politiker eben auch
in seine Rechnung einzustellen hat, von vorneherein zu entkräften gesucht. Im
Fortgange seiner Ausführungeu hat Solf nämlich dargelegt, wie die Verteidi-
gung eines in sich geschlossenen deutschen Kolonialbesitzes, den die deutsche Re-
gieruug schon vor dem Kriege zielbewußt angestrebt hatte, auch bei Fortbestehen
der englischen Seeherrschaft zu ermöglichen ist: Gedanken, die er in seinem
 
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