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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,2.1919

DOI Heft:
Heft 8 (2. Januarheft 1919)
DOI Artikel:
Bohnstedt, Herbert: Karl Christian Planck: zu seinem 100. Geburtstage am 17. Januar 1919
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https://doi.org/10.11588/diglit.14376#0061

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trennung der Teile vom Ganzen, in welcher unser subjekttv trennendes
und auseinanderhaltendes Denken stehenbleibt, hat es ihm bis heute un-
möglich gemacht, auch die natürliche innere Fortentwicklung zur vollendeten
inneren Ginheit eines Ganzen, das heißt zur organischen und geistigen
zu begreifen." Alles, was die Menschheit in ihrer Verschiedenartigkeit
durch Rasse und Veranlagung, was die Zeitalter in lhren oft wider--
sprechenden Inhalten angestrebt und hervorgebracht haben, ist unter einem
Gesichtspunkte — dem Kampfe zwischen Selbstlosem und Selbstischem,
zwischen Geist und Materie — zusammengefaßt. In Klarheit führt uns
Planck mii diesem Grundverhältnis durch das Werden, die Kosmogonie,
von Physik und Chemie aufwärts durch die ganze weitere Naturwissen--
schaft bis in das Gebiet des Organischen. Er befindet sich hierbei oft
bewußt im vollsten Gegensatz zur damaligen Naturwissenschaft, die für
ihn nur eine tote Anhäufung von Naturerkenntnissen war und über deren
mechanische Erklärungsweisen er sich bitter beklagt. Die Anschauung, die
sich auf diesem Naturstudium aufbaut, bringe zwar manchen intellek-
tuellen Gewinn und zerstöre in unablässiger Arbeit die alte, morsche, rück»
wärts gewandte Anschauung, schaffe aber kein neues Lebenl

Im Organischen findet Planck das in das individuelle Sein über-
tragene Grundverhältnis, die „rein zentrale, undifferenzierte und gleich-
mäßige Keimanlage" wieder. Dieses obere Stockwerk der Daseinsformen
führt er in der gleichen Weise wie das der unorganischen Natur auf, um
auf ihm schließlich die Neubegründung der menschlichen Gesellschaft und
Geisteskultur aufzubauen als Quintessenz seines geistigen Vermächtnisses.
Für dessen Verwirklichung hält er gerade das deutsche Volk berufen.
In der Art, wie er diesen Gedanken vertritt, erweist er sich als Epigone
Fichtes. In der Geschichte des deutschen Volkes sieht Planck die Bürg-
schaft für die Fähigkeit, seine Gedanken in die Wirklichkeit umzusetzen.
Die deutsch-völkische Wiedergeburt ist für ihn gleichbedeutend mit der
„Rückkehr des Menschen zu seiner natürlichen ewigen Heimat, nach
jahrtausendelanger Entfremdung und Irrfahrt seine bleibende Einigung
und Versöhnung mit der Natur und mit seinem eigensten mensch-
lichen Wesen"!

Eine tiefe geschichtliche Erkenntnis, wie sie allein aus einer freien und
ungetrübten historischen Betrachtung mit dem feinen Rüstzeuge philosophi-
scher Analyse sich ergeben kann, läßt Planck diese seine Anschauung als
das letzte Positive, als die Möglichkeit einer Verwirklichung der letzten
Konsequenzen erscheinen. Wenn wir recht von diesem Geiste erfüllt sind,
werden auch wir vor uns unendliche Gefilde einer universellen Arbeit
liegen und neue Ausblicke sich uns eröffnen sehn. „So gehe denn auch
du hin in alle Welt, du mein teuerstes letztes Vermächtnis, gehe hin und
lehre die Völker und taufe sie mit dem Feuergeiste menschlich-rechtlicher
Wiedergeburt! Verkünde ihnen, daß, was dies neue deutsch-nationale
Reich noch nicht vermocht hat, ja was in ihm nur erst sein gesteigertstes
selbstisch äußerlich Gegenbild hat, die cketzte gewaffnetste Spitze selbstisch
nationaler Ordnung, um so gewisser kommen soll durch ein anderes
und größeres menschlich deutsches Reich, ein Reich des Rechtes
und des Friedens bis an der Welt Ende."

Gerade die deutsche Gründerperiode, in welcher das „Testament" ge°
schrieben wurde, hat Planck mit erschreckender Deutlichkeit gezeigt, wie
im Grunde bitter arm eine Menschheit ist, die in Selbstzufriedenheit
 
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