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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,2.1919

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Heft 12 (2. Märzheft 1919)
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Schumann, Wolfgang: Um die deutsche Verfassung
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Polenske, Karl: Die Nationalversammlung und wir
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https://doi.org/10.11588/diglit.14376#0172

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rnrd gefühlsmäßiger Art für das Streben nach einer föderativen Gestaltung
geltend gemacht. Neben den „Großdentschen" leben im Reich viele „Klein--
deutsche", die mit ganzer Seele an den Einzelstaaten hangen, so unorganisch,
zwecklos nnd hinderlich diese auch sein mögen. In Preußen sind dies zum Bei--
spiel vor allem die Monarchisten, die, wie Preuß richtig betonte, nur
dann eine Hoffnnng auf die Wiederkehr der Dynastie haben, wenn das bis--
herige Prenßen weiterbesteht. Aberhaupt sind ja die Linzelstaaten in ihrer
besonderen heutigen Ausprägung nnd Amgrenzung vorzugsweise Früchte der
D h n a st e n--Politik. Viel gewichtiger sind die rein persönlichen Angelegen-
heiten. In jedem Bnndesstaat gibt es eine große Zahl von höheren Veamten,
Ministern, Parlamentariern usw., die über eine begrenzte, aber persönlich recht
angenehme Macht verfügen, Amter und Würden besitzen und zu vergeben
haben und sich und ihren Freunden und Angehörigen zählreiche Vorteile ver-
schaffen können. Dies würde bei nnitarischer Lösung zuallermeist aufhörear.
Aber gerade weil es mächtige, einflußreiche Persönlichkeiten sind, die heute
diese Macht haben, werden sie jetzt besonders gehört und werden sie vielleicht
auf die Gestaltung der Dinge kräftig in ihrem Sinne einwirken. Wenn nun
freilich aus Bayern und Württemberg Stimmen ertönen, der Preußsche Ent-
wurf gefährde die Einheit des Reichs, so muß man sich klar darüber sein, daß
sich hier sehr vielfach solche Interessen verstecken. Wie sollte denn das sein?
Preuß will das Reich eiuheitlich und mächtig machen, und er gefährdet sein Be-
stehn? Doch wohl nur dann, wenn die Einzelstaaten auf der Grundlage seines
Entwurfs nicht „mitmachen", wenn sie nicht so viel Selbstentäußerung haben,
um zugunsten des Reichs auf Sonderrechte zu verzichten! Wenn sie lieber vom
Reich abfallen, als dem Reich das zugestehen, was der Preuße Preuß
für Preußen ohne weiteres zugestehen will! Gerade die regionalen Machthaber
hätten es ja in der Hand, den Entwurf ihren Mitbürgern aufzunötigen uud
sich aufklärend und agitierend für ihn einzusetzen!

5?ch habe absichtlich die Fragen „Monarchie oder Republik?", die nach der
O Wahlrechtsgestaltung, nach dem Referendum, die Probleme des Ein- oder
Zweikammersystems, der Präsidentenwahl durch das Volk oder durch die Ver-
tretungskörper, der Verwaltungsorganisation und viele andere nicht berührt oder
nur soweit gestreift, wie das für die Darlegung des einen Fragenkreises notwendig
war. In unsern Blättern ist zur Erörterung all dieser Fragen und damit auch
ihrer Einzelheiten nicht dsr Raum. Daß ein starkes Buch notwendig wäre, um
alle thpischen und gar alle einzelnen Lösungen des Verfassungsproblems klar
darzustellen, daß die entscheidenden Beweggründe auf diesem Gebiete vielfach
ganz irrational sind, daß daher die Behauptungen der Parteien in diesen Dingen
mit besonderer Vorsicht aufzunehmen sind, hoffe ich dargelegt zu haben.

Die kommende „Weimarer Verfassung" werden wir später zu besprechen
haben. Schumann

Die Nationalversammlung und wir

Man schreibt uns:

>A^er Inhalt unsrer Zeitungen, unsrer öffentlichen Vorträge und Ver-
Isammlungen, uusrer privaten Gesprächs ist Schein, Schein und aber--
^^mals Schein, soweit es sich um die äußeren sozialen und politischen
Fragen, und ist Rente, Zins, Profit, Lohn, Gehalt, soweit es sich um die
inneren persönlichen Beweggründe handelt. Irgend eine sachliche Er-
wägung, wie denn das Chaos von Willkür und Zwang, Fleiß und Faul-
heit, Streben und Stumpfsinn, Können und Nichtkönnen, aus dein jede
Menschheit nun einmal besteht, in eine zuverlässigere Ordnung gebracht werden
könnte, als wir sie bisher hatten, wie selten findet man die!

Eins der bekanntesten Blätter brachte am 8. Februar folgendss: Die
Präsidentenwahl, Die Freitagssitzung, Französische Stimmen wider Wei-
 
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