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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,2.1919

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Heft 12 (2. Märzheft 1919)
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Vom Heute fürs Morgen
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Unsre Bilder
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https://doi.org/10.11588/diglit.14376#0208

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Disser Amcrikaner war wirklich kein
Völkerpsychologe. Aber den Herrlein,
die ihre Kriegsgewinne nnd Revoln-
tionslöhne mit seelenverwandten Däm-
chen verjnchheien, sollte jetzt endlich die
Rncksicht anf die Allgemeinheit von
dieser Allgemeinheit selber so kräftig
beigebracht werden, wie sie Leuten bei-
gebracht wnrd«, die sich auf offenem
Markt unanständig oder verletzend sit-
tenlos betrügen.

Schiller zue Gegenwart

arf der Deutsche in diesem Angen-
blicke, wo er ruhmlos aus einem
tränenvollen Krieg geht, wo zwei über-
mütige Völker ihren Fuß auf seinen
Nacken setzen und der Sieger sein Ge-
schick bestimmt — darf er sich fühlen?
darf er sich seines Namens rühmen

und freuen? darf er sein Haupt er°-
heben und mit Selbstgefühl auftreten
in der Völker Reihe? — Ia, er darf's!
Lr geht unglücklich aus dem Kampf,
aber das, was seinen Wert ausmacht,
hat er nicht verloren. Deutsches Reich
urrd deutsche Nation sind zweierlei
Dinge. Die Majestät der Deutschen
ruhte nie auf dem Haupte seiner
Fürsten. Abgesondert von dem poli-
tischen hat der Deutsche sich einen Wert
gegründet, und wenn auch das Fm-
perium unterginge, so bliebe die deutsche
Würde unangefochten. Sie ist eine sitt-
liche Größe, sie wohnt in der Kultur und
im Eharakter der Nation, der von ihren
politischen Schicksalen unabhängig ist.

Schiller (uach dem Frieden von
Luneville (80().

Unsre Bilder

der Radierung „Der Thrann" von Iulius Diez ist die eigentümliche
^ ^ „Handschrift" des Künstlers auch noch zu spüren, die alle seine Bilder
^Isofort als solche erkenntlich macht. Aber sie tritt hier nicht einmal als
das artistisch Wesentliche auf. Wodurch fesselt dieses Diezsche Blatt? Zu-
nächst, glaube ich, gerade damit, daß dieser Tyrann nicht wie eine Allegorie
und auch nicht wie eine Vision erscheint, sondern wie ein gegeuwärtiger Spuk,
der über Menschen, Felder, Wohnstätten am hellichten Tage mitten in die
Wirklichkeit hineinsieht. Freilich, das ergäbe immerhin erst ein Gruseln, höch-
stens ein Grausen, wie es gerade die neueste Kunst oft erstrebt und auch er-
reicht. Aber die Gestalt selber ist nicht nur unheiittlich sondern auch durchaus
durchgeistigt. In diesem Schädel da frißt Unglück am tzirne, wie der Geier
des Prometheüs nur an der Leber frißt, und kocht dabei ein Wille, der, was
er erblickt, versengt. Man wolle übrigens nicht meinen, auch das solle shm-
bolische Bedeutung haben, daß wir dieses Bild gerade ins letzte Heft unsrer Kriegs-
ausgabe bringen. Den spezifischen „typischen" Thrannen fänden wir wohl
unter deu jetzigen Staatsmännern der Feinde ebensowenig, wie bei uns Deutschen
uuterm alten oder unterm neuen „Shstem", wir leiden unter andern Fluchgebilden.

Die Kopfleiste über der ersten Seite ist von Millibald Weingärtner
aus deni „Deutschen Spielmann", das Schlußstück von Fritz Philipp
Schmidt aus dem „Hausbuch deutscher Lhrik".

Herausgeber: Or. b. e. Ferd. Avenarius in Dresden-Blasewitz; verantwortlich: dcr tzcrausgeber —
Berlag von Seorg D. W. Lallwey, Druck von Kaftncr S Callwcy, Buchdruckerci in Münchcn — In
Ssterreich-Ungarn für Herausgabc und Schristleitung verantwortlich: vr. Richard Batka in Wien XIII/H
 
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