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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,2.1919

DOI Heft:
Heft 12 (2. Märzheft 1919)
DOI Artikel:
Ulbricht, Wilibald: Religionsunterricht in der Volksschule, 2
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Avenarius, Ferdinand: Werkbund und Messe
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https://doi.org/10.11588/diglit.14376#0181

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reichste Leben würde sür diese Aufgabe nicht reich genug sein. Und wozu
haben die großen Gottsucher gelebt und uns ihre Gaben hinterlassen?
Aber wie auf dem der Religion am nächsten verwandten Gebiete der Kunst
nicht der das Beseligende dieser Göttergaben vermittelt, der reichstes
Wissen und tiefste Gelehrsamkeit besitzt, sondern der, der die Schöpfungen
der Begnadigten in sich aufnahm, als Heiligtümer empfand, sich mit
liebender Seele tiefer und tiefer in sie versenkte und so schließlich sein
Wesen mit ihrem Geiste erfüllte, so kann auf dem Felde der Religion nur
wirken, wer für die großen Gottsucher eine offene Seele hat, ihr Wirken
erlebt und das dadurch erzeugte Leben begeistert weitergibt. Nicht wesent-
lich ist dabei, ob es sich um die gewaltige Persönlichkeit Mosss', um die
Tiefe und Innigkeit der Psalmen, den heiligen Eifer der Propheten handelt,
oder ob Iesu Gesinnung und des Paulus nie ermüdendes opferwilliges
Schaffen das Thema ist. Aus den Werken des heiligen Franziskus weht
der gleiche Gottsuchergeist wie aus den Worten Luthers, und wer reli-
giöseu Sinnes ist, kann aus beiden Lebenskraft schöpfen, weil in beiden
religiöses Leben quillt. Daß aber nicht nur „heilige Gottesmänner" als
Führer in Frage kommen, sollen wir das erst sagen? „Der tzeide" Goethe
und der Ketzer Iatho, Dürer und Gebhardt, Michelangelo und Uhde, Fried-
rich Naumann und Zinzendorf, Tolstoi und Hermann Kutter — sie alle
und hundert andere können unsre Augen klarer machen für den Blick ins
Tiefste und tzeiligste.

Sollte nicht auf diesen Grundlagen ein Religionsunterricht möglich
sein, der den Kindern aller Kreise unsres Volkes etwas zu geben hätte?
Ein Anterricht, mit dem sich der sozialdemokratische Freidenker einver-
standen erklären könnte, da ihm ja nichts ferner liegt als Vergewaltigung,
dem auch der Altkirchliche zustimmen könnte, da er religiöse Werte schafft,
auf denen die Kirche später ihren konfessionellen Anterricht für die auf-
bauen mag, die danach verlangen. Bei ehrlichster Prüfung aller Möglich-
keiten erscheint er mir als die einzige Lösung, die geeignet wäre, auf
religiösem Gebiete eine gemeinsame Grundlage für alle Deutschen zu
schaffen, von der aus zwar wohl keine Vereinigung, aber doch ein Ver-
stehen und Würdigen möglich wäre, während die Simultanschulen den
Riß nicht verdecken, die geplanten Kirchenschulen ihn wohl noch verbreitern
würden.

Dresden Wilibald Ulbricht

Werkbund und Meffe


ie Aberschrift für die nachfolgenden Betrachtungen habe ich mit Vorbedacht
!gewählt. Es ist die Forderung erhoben worden, die Qualität der auf der
'Leipziger Messe ausgestellten Waren zu heben. Daß diese Forderung
berechtigt ist, darüber ist man sich im allgemeinen einig; also steht nicht die
Frage Wertarbeit und Messe zur Behandlung. Ein Versuch, der
Forderung durch eine Tat Geltung zu verschaffen, war vom Deutschen Werk-
bund beabsichtigt, der deshalb mit dem Meßamt in Fühlung trat. Dabei er-
gaben sich Meinungsverschiedenheiten über den einzuschlagenden Weg. Sie
betrafen aber nur diesen W e g. Darum, und weil es hier eine sachliche Klä-
rung gilt, darf es nicht Werkbund und Meßamt heißen. Es wäre
wohlfeiler gewesen; in mehreren Zeitungsäußerungen ist dem werkbund- oder
kunstfeindlichen Meßamt eins ausgewischt worden. Hierauf einzutreten, würde
der Sache nicht dienen.

(7>ie Forderung, die deutsche Industrie solle vornehmlich hochwertige Ware
-^erzeugen, birgt bei näherem tzinsehen ein ganzes Bündel von Fragen. Sie
 
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