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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,2.1919

DOI Heft:
Heft 12 (2. Märzheft 1919)
DOI Artikel:
Polenske, Karl: Die Nationalversammlung und wir
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Hoffmann, Paul Theodor: Geheimnisse der Gotik
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https://doi.org/10.11588/diglit.14376#0174

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vsrbL). Trifft aber das ein, wie betrogen werden sich dann erst alle noch
sozialistischeren Wähler fühlen!

Worauf es also ankäme? Darauf, uns möglichst rasch und gründlich
auszusprechen, wie man durch die Rechtsordnung jedem Arbeitenden den
ihm gebührenden Anteil am Ertrag seiner Arbeit sichern könne, ob und
inwieweit Grundrente und Geldzins beseitigt werden müßten und könnten,
wie trotz Verstaatlichung der Arstoffproduktion (Kohle, Erze, Wasserkraft)
auch im demokratischen Staat und beim Lohn- und Gehaltsstreikrecht der
Arbeiter und Beamten die nötige billige Lieferung der Erzeugnisse ge-
währleistet werden könne. Das sind die wenigen, aber die grund-
legenden Fragen, von denen müßte in Zeitung, Vortrag, Pri-
vatgespräch immer wieder die Rede sein.

Hierüber läßt sich auch, unter freien und willigen Menschen, leicht
Einigkeit herstellen, sobald es nur gelingt, die Parteiphrase auszuschalten
und sich schlicht und natürlich darüber zu unterhalten. Ich habe in drei
großen Wahlbezirken gefunden, daß der Wille gerade dazu oorhanden
ist. Man verschleiere ihm also nicht immer wieder das Ziel durch Lust-
und Schauermärchen und Aufbauschung „ tagfälliger" Dinge! Sondern
man komme ihm immer wieder freundlich, aufklärend, antwortend, aber
natürlich nicht bevormundend und betrügerisch entgegen! Reinigen und
klären wir WLHler in uns den Willen, so werden auch die Reichs- und
Landesversammlungen und Präsidenten schließlich noch leidlich nützliche
Organe unsres Willens werden.

Andernfalls aber mögen sich die Nationalversammelten und auch die
Landesversammelten des Vertrauens der Wählermassen nicht allzu sicher
fühlen. Noch soviel vorbereitete Einigkeit bei Abstimmungen, nöch soviel
Beifallsgeräusch bei Reden wird den sozialen Instinkt der Massen nicht
mehr täuschen, der nun einmal mit aller Kraft auf den vollen Arbei t <> >
ertrag gerichtet ist, und so wenig sich Hände rührten, um die Fürsten
zu halten, so wenig werden sich Hände rühren, um eine versagende National-
versammlung oder Landesversammlung zu halten. Wer da weiß, wie die
Hypotheken- und Kapitalfürsten bereits an der Arbeit sind, sich selbst das
arbeitslose Einkommen und den Arbeitenden die einkommenlose Arbeit
zu erhalten, ahr Trübes.

Greisswald Karl Polenske

Geheimnisse der Gotik

hat auf die grundsätzlich verschiedenen Forschungswege auf-
I / merksam gemacht, die zwei unsrer bedeutendsten Kunsthistoriker,
^"^^Heinrich Wölfflin und Wilhelm Worringer, sich gebahnt haben.
Worringer geht von der seelischen Haltung aus, die einen ganz bestimmten
künstlerischen Ausdruck verlangt. Aus dem Lebensgefühl, der Daseins-
yimmung deutet er notwendigerweiss das So-und-nicht-anders-sein der
Form. Wölfflin dagegen käßt die geistig-seelischen Voraussetzungen, die
den Künstler zu dem entsprechenden Ausdruck kommen lassen, unberück-
sichtigt. Er hält sich ausschließlich an die Darstellungsformen und sucht
diese in ihrer unterschiedlichen Struktur sest zu bestimmen. Mag die
Wölfflinsche Forschungsweise im allgemeinen, wie Walzel zu zeigen ver-
sucht, die fruchtbarere sein, so wird auch ein Heranziehen Worringerscher
Methode der vertiesenden Erkenntnis der Kunst sehr dienlich sein. Daß
sie es ist, erweist das Buch des Franzosen Huysmans über die „Ge-

jSO
 
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