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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,2.1919

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Heft 9 (1. Februarheft 1919)
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Meinecke, Friedrich: Der nationale Gedanke: im alten und neuen Deutschland, [1]
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Schumann, Wolfgang: "Werte" und "Dinge": zur Gesinnungspflege in der Jugendbewegung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14376#0091

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unser ganzes natronales Leben herausgeführt haben, als sie durch ihre Ge»
horsamsverweigerung den Anstoß zur Revolution gaben. Denn die Revo-
lution hat unser Unglück nnübersehbar gesteigert, uns dem äußeren Feinds
gegenüber vollends wehrlos gemacht und im Innern unausdenkbare Ge-
fahren heraufgeführt. Unsre Lage wäre unvergleichlich besser, wenn die
Umgestaltung unsres ganzen Staatswesens, die an und für sich schlechthin
notwendig geworden war, in den gesetzlichen Bahnen geblieben wäre, dis
unter der Reichskanzlerschaft des Prinzen Max beschritten wurden. tzätten
die Kieler Matrosen und dis Massen der Soldaten, die ihrem Beispiele
folgteu, mehr nationalen Instinkt gehabt, so würden sie im Augenblicke der
höchsten Not des Vaterlandes ihm nicht Liese furchtbare Wunde zugefügt
haben. Das muß man aussprechen und aufs bitterste beklagen — aber auch
ursächlich begreifen. Der nationale Instinkt unsrer Massen ist zum nicht
geringen Teile deswegen so ungsnügend entwickelt, weil ihnen der nationale
Gedanke nur zu oft in einer Form entgegentrat, die sie abstieß, weil sie
die Klassen-- und Herrenmotive, mit denen er verquickt wurde, witterten.
Unsre Massen sind, das hat Loch der Krieg überwältigend gelehrt, ganz
gewiß nicht unnational gestimmt, aber sie sind ganz und gar nicht zu
habeu für die offizielle und konventionelle Form, die der uationale Ge-
danke in unsern bisher führenden Schichten angenommen hatte. Darum
war die von oben her betriebene „Aufklärungsarbeit" im Heere und die
Tätigkeit des Kriegspresseamts in der Heimat psychologisch so grundfalsch
gedacht. Darum hat auch die Vaterlandspartei, die den nationalistisch
überreizten nationalen Gedanken innerhalb der gebildeten Schichten noch
mehr reizen wollte, den Riß zwischen diesen und den Massen so verhängnis-
voll vergrößert. Nun stehen wir heute entsetzt und erschüttert auf einem
Trümmerfelde unsrer nationalen tzoffnungen, nicht nur der falschen, über-
spannten, die der Nationalismus gezüchtet hatte, sondern auch der ge-
sunden und guten, die aus einer wahrhaft reinen und lebendigen natio-
nalen Idee entspringen dursten.

Wir sagten uns zu Begiun des ^rieges, daß nur Sieg oder Antergang
unser Los sein können, und diese Empfindung gab uns Riesenkräfte. Nun,
wo uns trotz unzähliger Siege auf den Schlachtfsldern der Endsieg ver-
sagt worden ist und ein grauenhaft opferreicher Friede uns aufgenötigt
werden wird, müssen wir an tiefere Empfindungen in uns appellieren, um
nicht wahrhaftig unterzugehen, um die Kraft zum Wiederaufbau unsres
nationalen Daseins zu gewinnen. Nun gilt es wieder wie vor hundert
Iahren, vom Zeitlich-Vergänglichen zum Ewigen uns zu erheben und
einen scharfen Schnitt zu machen zwischen der Welt der sinnlichen Erfah-
rung, die uns hoffnungslos zerschlagen zu Boden geworsen hat, und der
Welt des Geistes, die uns wieder aufrichten soll. Friedrich Meinecke

(Schluß folgt)

„Werte" und „Dinge"

Zur Gesinnungspflege in der Jugendbewegung
del sei der Mensch, hilfreich und gut! Iu Selbstzucht und Selbstbe-
U)l*herrschuug den Hochzielen treu; rein, einfach, sachlich, vorurteilfrei;. dein
^-^Andern liebevoll zugewandt, brüderlich, ohne Hochmut und Haß." Mit
solchen Worten läßt sich die Gesinnung umschreiben, in der sich seit
einigeu Iahren jugendliche deutsche Menschen zu mancherlei Gruppen zusam-
mengefunden haben, die Gesinnung, die das Linigende einer vielbeachteten
Iugendbewegung geworden ist.

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