Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,2.1919

DOI Heft:
Heft 8 (2. Januarheft 1919)
DOI Artikel:
Krukenberg, Elsbeth: Wahlrecht und Wahlpflicht der Frau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.14376#0064

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Hicr pEtifch schulen, heitzt zum Terl: Frauen zum Bewußt-
sein ihresNichts zu bringen. Wenn diese Frauen krampf-
haft Besitz, Wohlleben, Bequemlichkeiten sich und ihrer Familie crhalten
wollen, fo hat das nichts mit dem Abwägen tiefgehender, schwieriger
Probleme zu tun, nichts damit, wie weit Privateigentum arbeit- und
kulturfördernd wirkt und die wirtschaftlrche Kraft des Volkes infolge stär-
kerer Initiative mehrt oder inwieweit Vergefellschaftlrchung von Privat-
eigentum mildernd und ausgleichend an dre Stelle des Privateigentums
treten kann. Der Arme, der auch einmal genießen will, steht höher
als der Reiche, der vor allem sich selbst hegt und pflegt und sich für
privilegiert dazu hält, als Schmarotzer (das sind Männer nur selten,
Frauen leider weit häusiger) weiter zu existieren. Soll man sich nicht
jedes Amschwungs freuen, der die Zahl solcher Existenzen verringert?
Den gedankenlos hinlebenden überegoistischen Frauen der besitzenden Klassen
begreiflich zu machen, daß sie nicht privilegiert sein und bleiben dürfen,
heißt sie politisch schulen. Aber wie schwer wird das sein!

Zunl Teil aber sollen die Frauen der wohlhabenden Klassen, das sei
nachdrücklich betont, auch politisch in gleicher Weise wirken, wie sie es
bisher in Familie und Geselligkeit taten: sie sollen überlieferte Kultur
wahren, sollen Kultur mehren, Kultur verbreiten. Und
zwar verbreiten über unser ganzes deutsches Volk hin. Das
ist ihre besondere Aufgabe, ihre besondere Bedeutung. Darunr aber,
damit sie das tun, müssen sie ihr Asthetentum überwinden — dürfen sie
auch Wahlversammlungen, Wahlakten nicht fernbleiben. Das Wort einer
innerlich kultivierten, aus geschulter Gedankenwelt herauskommenden Frau
vermag viel über noch unbehauene Gemüter, vermag auch viel im Kreise
der Männer. Nur müssen die Frauen das Durchdringen unsres
ganzen Volkslebens mit echten Kulturwerten als ihre
besondere Frauenaufgabe erkennen, müssen bewußt auch die
tzäßlichkeiten des Wahlkampfes selber zu mildern, seine Herunterreißenden
Formen zu überwinden suchen. Mut gehört dazu, aber auch ruhige
Sicherheit des persönlichen Auftretens. Beherrschen der in öffentlichen
Versammlungen behandelten Probleme. Und schließlich: Liebe zu unserm
Volk, Glauben an unser Volk, Geduld und wieder Geduld. Und der Wille,
die Bereitschaft, zu helfen, Klarheit, Wahrhastigkeit, tiefer bohrende Er-
kenntnis zu verbreiten in allen Kreisen unsres Volkes.

Frauen, die sich im kleineren Kreise schulen, Frauen, die breitere
Dolksschichten in öffentlichen Frauenversammlungen politisch aufklären,
Frauen, die in von Männern berufenen Versammlungen ihren Frauen-
standpunkt betonen, Frauen, die tzand in Hand mit dem Manne arbeiten,
aber darüber die Aufgabe nicht vergessen, politische Aufklärung auch unter
noch fernstehende, öffentlichkeitscheue Frruen zu tragen, die alle tun uns
not. Die Frauen dürfen nicht Stimmvieh sein. Ihre Schulung
ist iGewissenspflicht für uns alle.

Nnd noch ein anderes müssen wir überall erstreben: daß Frauen nicht
nur wählen, sondern auch gewählt werden. Für die National»
versammlung, die lediglich die Verfassung berät, wird freilich das passive
Stimmrecht so wesentlich nicht sein. Aber für alle sonstigen Körperschaften
ist es von großer Bedeutung. Die Frau muß zugegen sein bei Beratung
aller für unser Volksleben wichtigen Gesetze.

Der Frauenbewegung haben wir es zu danken, daß Frauen, wenn auch
 
Annotationen