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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 27.1910-1911

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Bredt, Ernst Wilhelm: Künstler und Helden
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https://doi.org/10.11588/diglit.7379#0207

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E. W. Bredt-München:

WALTER C.EORGI.

Gemälde: »Stilleben«

KÜNSTLER UND HELDEN.

VON E. w. liREUT MÜNCHEN.

Wie sind wir doch durch trockenen Ästhe-
tizismus an frischem Kunstgenuß verarmt!
Wenn wir in den Galerien uns nicht so willig
mit Kunstphrasen abfüttern ließen, wenn wir
uns selbst mehr um die Künstler, die die
großen Werke geschaffen haben, kümmerten,
statt um ästhetische Wertungen, die gerade gang
und gebe sind, wir würden reicher, viel reicher,
viel glücklicher heimkehren. Die großen Künst-
ler sind Helden, weil sie große Menschen sind.
Man verstehe das freilich nicht im Sinne einer
bekannten Schul- und Kirchenmoral — das
große Menschentum kennt keine Schranken
solcher Art. Die Künstler sind Helden, die sich
opfern ihrem großen Wollen, einem egoistischen
Ideal, das der Menschheit zu Gute kommt.
Helden sind Kämpfer. Aber man muß nun nicht
meinen, der Künstler müsse immer zeigen, daß
und wie er kämpfe. Auch in der Passivität liegt
Kampf und Energie.

Wie schade um uns, die wir nun aus den
Werken der toten Meister Theorien machen,
Hemmungen für die, die unter uns wieder Neues
erwirken. Auch die Bildwerke sind Bücher der

Weltgeschichte. Eine Palissyschüssel ist mir
nicht nur keramisch interessant und wertvoll —
sie spricht mit mir von seinem Schöpfer, dem
Töpfer ohnegleichen, Bernard Palissy. Wie der
alles und alles opfert an Besitz und Glück, um
endlich das Problem zu lösen. — Aber über
alle Alten und Neuen urteilen wir rasch mit
klischierten ästhetischen Sprüchen, die Tat der
Lebenden ist vergessen. Wie wird jetzt Manets
Malerei als alleinführend gepriesen! — Gewiß,
sie gibt den Malern vieles. Aber ist nicht das
Suchen und Probieren, das Lernen
und Drauflosgehen des jüngeren Ma-
tt e t, dies heldenhafte Eintreten, dies Lachen
über Spott und Hohn das Wertvollere für alle
Zeiten, alle Menschen? —

Es wäre an der Zeit für uns, das Leben der
großen Künstler einmal gründlich kennen zu
lernen; wir müssen nicht nur wissen, in was
ihre Größe besteht, welches ihr Ideal war —
nein, wichtiger ist uns, zu wissen, wie sie ihr
Ideal, ihre Schönheit, ihren Ruf erkämpft. Ge-
gen welche Gewalten des Stumpfsinns, der Au-
torität, der Bosheit. — Es ist ärmlich, daß wir

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