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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 57.1925-1926

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F., R.: Kunst im Wechsel der Zeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.9180#0033

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C. WESTERMAYR f.

»SELBSTBILDNIS«

KUNST IM WECHSEL DER ZEITEN.

Grundbegriff der Kunst ist das Lebendige.
Warum gibt es eine Geschichte der
Kunst? Weil der Künstler das Lebendige von
jedem Augenblick der flüchtigen Zeit aus neu
zu finden, neu zu erfassen und zu prägen hat.
Recht haben diejenigen, die in der Kunst das
Ewige, das Dauernde betonen; ihr Blick ist auf
die „Dauer im Wechsel" gerichtet. Recht haben
aber auch diejenigen, die das grundlegend Neue
in jeder neuen Zeitkunst betonen; sie sehen
den „Wechsel in der Dauer", sie beherzigen,
daß das Ewige, gerade weil es ewig ist, von
Zeit zu Zeit in der Kunst sich verschieden dar-
stellen muß. Was sich wandelt, ist nicht das
Ewige, sondern unsre Beziehung zu ihm, unsre
Aussage darüber, unsre Weise, es auszuprägen.
Das Ewige verharrt. — Wir aber bewegen uns.
Deshalb zieht sich die Erscheinung des Ewi-
gen im Menschenbereich in Wandel und Wer-
den, in Geschichte auseinander.

Das ist theoretisch nicht schwer zu fassen.
Aber praktisch vollziehen sich solche geschicht-
lichen Übergänge stets durch Kampf. Etwas
andres ist es, Geschichte zu verstehen, als Ge-
schichte zu machen oder auch nur mitzuerleben.
Die Kräfte des Beharrens werfen sich dem
Einbruch des Neuen entgegen. Die tun es nicht
ohne tieferen Grund. Denn im Werden mensch-
licher Gestaltungen ist das stürmische Neue
schließlich nicht wichtiger als das widerstehende
Beharren: dieses erst zwingt die umwälzenden
Kräfte in das zuträgliche Maß der Bewegung.
Erst aus der scharfen Erprobung des Neuen am
Widerstand des Alten erwächst das Fortschrei-
ten der Zeitalter, erwächst die neue, dauerhafte,
den irdischen Lebensverhältnissen angepaßte
Gestalt. Ewiger Aufbruch bei ewigen Stille-
stehen — das ist die Kunst. Ewig steht die
Sonne im Mittelpunkt, ewig kreisen um sie die
wanderlustigen Planeten............ K. r.
 
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