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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 57.1925-1926

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Koch, Alexander: Wie kann wirksame staatliche Kunstpflege betrieben werden?
DOI Artikel:
Bredt, Ernst Wilhelm: Künstler und Kunstjuroren
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https://doi.org/10.11588/diglit.9180#0114

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gung des einzelnen Falles, Wahrnehmung des
rechten Augenblicks, Hochhaltung des Quali-
tätsstandpunktes und doch menschliches Sin-
nen und Erwägen an jedem Punkt — das sind
die Geheimnisse einer wirksamen staatlichen
Kunstpflege, wie sie wenigstens in den kleine-
ren Ländern geübt werden kann. In den größe-
ren müßte eine gewisse Dezentralisation ein-
treten, aber realisierbar erscheint sie auch hier.

Das Bild, das wir hier aufgestellt haben, ist
keine Phantasie. Es ist geschöpft aus Beobach-
tungen, die an der Kunstpflege eines süddeut-
schen Gliedstaates gemacht worden sind. Dort
hat diese Art der Kunstpflege dazu geführt,
daß die Künstlerschaft der Hauptstadt, abei
auch des ganzen Landes, mit der größten Dank-
barkeit vor diesem Wirken steht. Vielleicht
weckt das gute Beispiel anderswo Nachahmung.

KÜNSTLERNOT UND KUN ST JUR 0 REN.

VON DR. ERNST WILLY BREDT

So groß schon die Not der Künstler ist — sie
wird sicherlich noch zunehmen. —
Wenn aber durch sie mancher Maler, Bild-
hauer, Graphiker, der nicht zum Künstlertum
berufen, aus den bildkünstlerischen Berufen
hinaus und zu einkömmlicherer Tätigkeit ge-
drängt werden sollte, soll das nicht beklagt
werden.

Statt dessen muß unsere ganze und vordring-
lichste Sorge sein, die Auslese der künstle-
risch Berufenen aufs denkbar beste zu
organisieren. Diese Auswahl leidet zurzeit
schwer unter veralteten Vorurteilen und Män-
geln; und all das Gute, das in den letzten Jahr-
zehnten besonders von den Kunstzeitschriften
für die Bekanntmachung mit den Besten un-
serer Zeit geleistet worden ist, wurde zum
Teile vernichtet durch unglückliche und ver-
altete Kunstkommissionen.

Mag es nun gut oder falsch sein, wenn Staat,
Gemeinde, Körperschaften, Auswahl, Ankauf,
Bestellung der besten Werke, Kunstkommis-
sionen überlassen (das sei hier nicht unter-
sucht) ; so ist doch Bestand, Zusammensetzung,
Dauer solcher Jurorenverbände eine Angelegen-
heit der Künstler von äußerster Tragweite,
zumal in diesen Zeiten der Not. —

Das wird noch immer oft genug verkannt.
Wie aber soll ein Künstler von eigenstem Ge-
wissen. Weg und Ziel, auf Anerkennung von
Staat und Gemeinde rechnen können, wenn
ihm an den verschiedensten maßgeblichen Aus-
lesestellen immer etwa dieselben Kunstjuroren
entgegen sind?

Ich halte eine Umgestaltung unserer Kunst-
kommissionen für eine dringende kunstwirt-
schaftliche Angelegenheit und stelle an die
Spitze nur wenige, aber schwerwiegende For-
derungen:

+

Kein Juror sollte gleichzeitig in mehr als einer
offiziellen Kunstkommission tätig sein dürfen.

Kein Juror sollte länger als drei Jahre hinter-
einander seines Amtes walten dürfen.

Jedes Jahr sollte die Zusammensetzung einer
Künstlerkommission wenigstens zu zwei Drit-
teln eine andere sein.

Die Wiederwahl oder amtliche Bestellung
eines Jurors darf frühestens nach Ablauf von
fünf Jahren erfolgen.

Den Kommissionen sollte häufigere Tagung
zur Pflicht gemacht werden. Und der Entscheid
über Werke in ihrer Hand sollte zeitlich eng
begrenzt werden. Wer Monate und Jahre
braucht, um sich über den Wert eines Künst-
lers klar zu werden, hat seinen Beruf als Kunst-
erkenner verfehlt.

Es sollte selbstverständlich sein, daß in jeder
Kommission die verschiedenen Lebensalter und
Richtungen durch sehr entschiedene
Vertreter zur Geltung kommen können. —

Nur, wenn sich einmal eine Persönlichkeit
finden sollte, die sich als freier, unabhängiger
Erkenner stärkster Künstler erwiesen hat, darf
von diesen Regeln abgewichen werden. In
solchen Fällen jedoch dürfte es geraten sein,
dieser scharf erkennenden Persönlichkeit ganz
allein, ohne Kommissionsfesseln, die Auslese
zu überlassen. — Auch zur Künstlerauslese
sind zu viele — ausschließlich nach Amt und
Würden bestellt — nur wenige sind dazu be-
rufen. Darauf aber kommt es an!

Es soll heute noch sehr wichtige Auslese-
kommissionen geben, deren Mitglieder seit
fünfundzwanzig Jahren ihr schweres Amt aus-
üben, und manche von ihnen sollen in einem
Dutzend solcher Kommissionen, die sich gegen-
seitig doch ideale Konkurrenz machen sollten,
sitzen. — Sind solche Zustände zeitgemäß?
 
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