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Weiser, Armand: Von der Form und dem Inhalt
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.9180#0316
VON DER FORM UND DEM INHALT
VON A. WEISER
Es wird ein zu großes Gewicht auf die Formen-
sprache gelegt und man sucht, in ihr etwas
zu finden und ausgedrückt zu wissen, was nicht
in ihr gelegen sein kann. Wo es dem Künstler
auf das Wesentliche ankommt, sei es nun der
unmittelbare Ausdruck eines außen oder innen
Geschauten, da ist es nicht die formale Gestal-
tung, sondern der Geist, der Sinn, um den es
sich hier handelt. Alle Form ist durch den In-
halt gegeben und kann nur durch ihn zur leben-
digen Gleichung werden. Formen ohne Inhalt
sind Phrasen ohne Sinn. Heute aber ist es dahin
gekommen, daß man den Tiger beim Tiger ver-
mißt. Man jagt nach besonderer Gestaltung,
nach persönlich-eigentümlichem Ausdruck. Aber
das Objektive und Umfassende bedarf nicht der
Absonderlichkeit der äußeren Form, um seine
Bedeutung zu gewinnen. Vermöge der Kraft
der inneren Gestaltung strebt es vielmehr
nach größterVereinfachungund Verständlichung.
Je verständlicher und eindringlicher die Wirkung,
desto eher ist tatsächlicher Sinn zum Ausdruck
gebracht. Dort aber, wo sich von vornherein
Rätselhaftes und Absonderliches ausspricht,
pflegt es sich auf die äußere Form der Er-
scheinung zu beschränken und keine Auflösung,
keine besondere Sinngebung zuzulassen. Der
Grundton des Lebens erklingt am stärksten aus
einfachen Akkorden, die Genialität der Tiefen-
erkenntnis ist zugleich die Genialität, diese un-
mittelbar und ohne Umschreibung auszudrücken.
Was Tiefe hat, trägt Wert und Zeitlosigkeit in
sich, nicht in der Kompliziertheit und Einmalig-
keit des formalen Ausdrucks. Große Dinge
leuchten darum so rasch und überzeugend ein,
weil sie mit besonderer Schlichtheit gesagt sind
und nichts umschreiben, sondern den Sinn selbst
und nichts als diesen zum Ausdruck bringen.
E. R. WEISS—BERLIN. »BLUMEN IN WEISSER VASE
304
VON A. WEISER
Es wird ein zu großes Gewicht auf die Formen-
sprache gelegt und man sucht, in ihr etwas
zu finden und ausgedrückt zu wissen, was nicht
in ihr gelegen sein kann. Wo es dem Künstler
auf das Wesentliche ankommt, sei es nun der
unmittelbare Ausdruck eines außen oder innen
Geschauten, da ist es nicht die formale Gestal-
tung, sondern der Geist, der Sinn, um den es
sich hier handelt. Alle Form ist durch den In-
halt gegeben und kann nur durch ihn zur leben-
digen Gleichung werden. Formen ohne Inhalt
sind Phrasen ohne Sinn. Heute aber ist es dahin
gekommen, daß man den Tiger beim Tiger ver-
mißt. Man jagt nach besonderer Gestaltung,
nach persönlich-eigentümlichem Ausdruck. Aber
das Objektive und Umfassende bedarf nicht der
Absonderlichkeit der äußeren Form, um seine
Bedeutung zu gewinnen. Vermöge der Kraft
der inneren Gestaltung strebt es vielmehr
nach größterVereinfachungund Verständlichung.
Je verständlicher und eindringlicher die Wirkung,
desto eher ist tatsächlicher Sinn zum Ausdruck
gebracht. Dort aber, wo sich von vornherein
Rätselhaftes und Absonderliches ausspricht,
pflegt es sich auf die äußere Form der Er-
scheinung zu beschränken und keine Auflösung,
keine besondere Sinngebung zuzulassen. Der
Grundton des Lebens erklingt am stärksten aus
einfachen Akkorden, die Genialität der Tiefen-
erkenntnis ist zugleich die Genialität, diese un-
mittelbar und ohne Umschreibung auszudrücken.
Was Tiefe hat, trägt Wert und Zeitlosigkeit in
sich, nicht in der Kompliziertheit und Einmalig-
keit des formalen Ausdrucks. Große Dinge
leuchten darum so rasch und überzeugend ein,
weil sie mit besonderer Schlichtheit gesagt sind
und nichts umschreiben, sondern den Sinn selbst
und nichts als diesen zum Ausdruck bringen.
E. R. WEISS—BERLIN. »BLUMEN IN WEISSER VASE
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