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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 57.1925-1926

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H. R.: Die Beziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9180#0099

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»HOLZSPIELZEUG DER WIENER WERKSTÄTTE«. ENTWURF J. ZIMPEL

DIE BEZIEHUNG.
Ich habe auf meinem
Schreibtisch einen klei-
nen, hölzernen Heiligen
stehen, einen Evangeli-
sten Lukas mit einem
braven, gutmütig drein-
schauenden Öchslein,
eine zierliche,ausdrucks-
volle, beschwingteArbeit
des achtzehnten Jahr-
hunderts. Mein Heiliger
ist aus Franken; ein
Bruder von ihm steht in-
mitten erlauchter Sippen
im Luitpold-Museum in
Würzburg, und gelegent-
lich, wenn ich nachWürz-
burg komme, besuche ich
diesen Bruder. Das ist
etwas merkwürdiges: Da
steht einer in einer Vi-
trine, umgeben von zahl-
reichen Gleichgearteten,
ein kleiner, namenloser
hölzerner Mann, dessen

»GOLDENE HALSKETTE MIT BRILLANTEN«
JOSEF HOFFMANN. WIENER WERKSTÄTTE

Dasein in der magischen
Formel einer Katalog-
nummer gebannt ist —
und ich, ein fremder, zu-
gereister Mensch, ich
kenne ihn, ich weiß, daß
er aus Lindenholz ist, ich
weiß den verwitterten,
etwas skurrilen Zug sei-
nes Gesichtes zu deuten,
ich verstehe die Sprache
seiner verstümmelten
Hände. Denn sein leib-
licher Bruder ist einer
meiner Nächsten, ein
Freund meiner frohen
und meiner ernsten Stun-
den. Was soll diese per-
sönliche Bemerkung ?
Sie soll dich auffordern,
Freund, daß du dir ir-
gendwo, und sei es durch
einen kleinen, lindenhöl-
zernen Rokokoheiligen,
ein persönliches Verhält-
nis zur Kunst schaffst.

XX'X. Oktob,

er 1925. 10.
 
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